Während der Pandemie mit all ihren bitteren Pillen hat sich ein unerwarteter Trend entwickelt, der viele überraschen mag: Deutschlands junge Menschen haben ihre Leselust wiederentdeckt.
So ergibt das „GfK Consumer Panel Media*Scope Buch“ im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, dass 25 % der 10- bis 29-Jährigen „deutlich häufiger“ zum Buch greifen als in der Zeit vor der Corona-Pandemie.
Klingt erstmal gut. Doch während der Buchmarkt sich über den jungen Zuwachs freut, werden immer mehr Fachstimmen laut, die auf Liefer-Engpässe vor Weihnachten hinweisen. Was hat es damit auf sich?
Mangel an Altpapier – Buchpreise steigen?
Noch vor der Pandemie wurden jährlich rund 8 Millionen Tonnen Altpapier von Europa nach Übersee verschifft, so das bvseTV (bvse-Fachverband Papierrecycling). Denn innerhalb der EU gab es nicht ausreichend Bedarfe, um die Mengen an eingesammeltem Altpapier zu verwerten. Währenddessen brummte in China und anderen asiatischen Ländern der Markt, angekurbelt durch den rasant wachsenden Onlinehandel und die benötigten Versandkartonagen.
Der europäische Markt profitierte vom Export und konnte gleichzeitig die eigenen Bedarfe an Altpapier ausreichend decken. Mit der Pandemie jedoch veränderte sich der hiesige Konsum und damit vor allem die Werbebranche drastisch.
Was viele nicht wissen: Gerade gedruckte Zeitungen, Flyer oder Werbekataloge sind elementar, um sogenannte grafischen Papiere herzustellen. Das heißt, um ein Buch auf Recyclingpapier zu drucken, braucht es entsprechendes Altpapier. Grafisches Papier kann nicht aus einem Versandkarton upgecycelt werden.
Hinzu kommt, dass viele Papierhersteller ihre Produktion in der jüngeren Vergangenheit auf lukrativere Zweige wie Verpackungsmaterial umgestellt haben, erklärt Bettina Knape, Sprecherin des Bundesverbandes Druck und Medien.
So kommt es, dass Europa plötzlich nicht mehr die eigenen Bedarfe an Altpapier für den Buchmarkt decken kann. China hingegen kauft weiterhin die Märkte „leer“ und bezahlt gut. Die Folge: Die Preise für Altpapier und demzufolge auch (Recycling-)Papier steigen. So haben sich die Altpapierpreise seit 2020 verdreifacht. Um den Bedarf, gerade in der Vorweihnachtszeit, zu decken, importiert Deutschland nun Altpapier aus Ländern wie den USA. Wer eins und eins zusammenzählt, kann sich vorstellen, was das künftig für die Buchpreise bedeutet.
Nachhaltige Lieferketten als Sicherheitsfaktor – auch für das Weihnachtsgeschäft?
Was sich in der Papierindustrie verschärft darstellt, ist kein Einzelfall. Gewinner im Lieferkettenchaos sind die Unternehmen, die sich bereits vor der Pandemie um nachhaltige Lieferketten bemüht haben. Denn diese erweisen sich nun als krisenresistenter und damit lukrativer.
Markus Desaga von der Penguin Random House Verlagsgruppe in München erklärt beispielsweise, dass die verlagseigenen Bücher fast ausschließlich in Deutschland und benachbarten Staaten hergestellt werden. In anderen Branchen ist ebenso zu beobachten, das regionalere Lieferant*innenbeziehungen und langfristige Verträge einen positiven Effekt auf die Produktion haben.
Wie sieht es unter diesen veränderten Bedingungen also aus mit Wunschzetteln voller Buchtitel, die gerade jungen Menschen den Umgang mit der Tristesse dieser Zeit erleichtern mögen? Gehen Deutschland die Bücher aus?
Wer um seine Weihnachtsgeschenke bangt, kann nur teilweise beruhigt werden: Die Sorge um Engpässe gilt primär für limitierte Auflagen oder exotischere Titel. Selbst Verlage mit langfristigen Liefer-Verträgen können aktuell durch die Verknappung nicht mehr ad hoc auf gesteigerte Nachfragen reagieren und nachdrucken. Trotzdem werden die meisten Bücher durch eine vorausschauende Planung und dementsprechend kalkulierte Auflagen weiterhin erhältlich sein.
Die Alternative – eBooks?
Wem das zu heikel ist, kann auf die elektronische Variante umstellen. eBooks sind platzsparend, hip und auch für Leseratten in Zimmern ohne Nachttischlampe geeignet. Doch wer punktet in Sachen Ökobilanz im Vergleich?
Laut „Bayern 1“ fallen bei der Herstellung eines gedruckten Buches auf Recyclingpapier rund 900 Gramm CO2 an. Beim eBook-Reader kommt es auf die Lebensdauer und Entsorgung an: Denn 99 Prozent der Treibhausgasemissionen werden im Herstellungsprozess verursacht. Laut Ökoinstitut in Freiburg werden inkl. Rohstoffe, Transport und Produktion etwa acht Kilogramm CO2 je Gerät freigesetzt.
Ein eBook wird also klimaschonender, je mehr Bücher man insgesamt auf einem Reader über längere Zeitspannen liest – klar bringt dabei auch das Aufladen mit Ökostrom einen positiven Effekt. Doch die Emissionen beim Lesen fallen kaum ins Gewicht.
Die richtige Entsorgung wiederum spielt eine entscheidende Rolle. Wer unbedingt einen neuen Reader anschaffen möchte, sollte den alten zumindest auf einen Wertstoffhof in der Nähe bringen – wir berichteten.
Als Fazit gilt: Leseratten, die sich für nächstes Jahr mehr als zehn Bücher vorgenommen haben, können sich selbst bei Papierknappheit entspannt zurücklehnen und über die Anschaffung eines eBook-Readers zu Weihnachten nachdenken. Auch gebraucht eine gute Wahl.
Quellen:
- https://www.fr.de
- https://www.br.de
- https://www.br.de/radio/bayern1/inhalt/experten-tipps/umweltkommissar/buch-ebook-lesen-umwelt-100.html
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/buecher-bald-teurer-101.html