Elektroschrott

Geplante Obsoleszenz beim Drucker – Fakt oder Mythos?

Tintendrucker scheinen sehr sensible Wesen zu sein. Wenn etwas nicht stimmt, stellen sie sofort die Arbeit ein und spucken kryptische Fehlermeldungen aus. Häufig drängt sich dabei die Vermutung auf, dass ein System dahintersteckt. Verbraucher*innen sollen zum Kauf neuer Patronen oder gar neuer Geräte gedrängt werden. Haben Drucker tatsächlich eine programmierte Lebensdauer? Wir gehen der Sache nach.

„Der Drucker befindet sich im Fehlerzustand.“ „Tintenpatrone nicht erkannt.“ „Problem mit dem Zufuhrsystem.“ Oder auch einfach phantasievolle Meldungen wie „Fehlercode 0x83c0000a“ – Druckerbesitzer*innen kennen die ganze Bandbreite rätselhafter Fehler beim Drucken. Berichtet man anderen von seinen Problemen, hört man oft Geschichten wie: „Genauso wie bei mir! Und exakt eine Woche nach Ablauf der Garantiezeit!" Hier wird der Verdacht ausgesprochen, dass Drucker so programmiert sind, dass sie möglichst früh unbrauchbar werden, also eine sogenannte „geplante Obsoleszenz“ vorliegt. Doch die Sache ist komplexer.

Unbrauchbar ist nicht gleich kaputt

Tatsächlich wird die Verwendbarkeit eines Druckers von verschiedenen Faktoren limitiert. Dazu gehören etwa die Verfügbarkeit passender Tintenpatronen, die Kompatibilität mit modernen Geräten (Stichwort Druckertreiber) und natürlich auch die Funktionalität des Geräts an sich. Bei jedem dieser Faktoren gäbe es für den Hersteller Stellschrauben, um die Lebensdauer eines Geräts zu verlängern. Tatsächlich wird hier unter dem Deckmantel der Wirtschaftlichkeit entschieden, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

Die Sache mit dem vollen Tintenauffangbehälter

Besonders ärgerlich sind Meldungen in Verbindung mit dem „Tintenauffangbehälter“ oder „Ink Pad“, bei manchen Herstellern auch „Resttintentank“ genannt. Hier handelt es sich um ein im Drucker verbautes Vlies oder eine Art Schwamm, der bei der automatischen Reinigung heruntertropfende Tinte aufnimmt. Die Fehlermeldung „Tintenauffangbehälter voll“ ist jedoch zunächst nur eine Berechnung der Druckersoftware. Ob das Vlies tatsächlich voll und unbrauchbar geworden ist, „weiß“ der Drucker nicht. In der Regel kann man zunächst auf Knopfdruck oder durch verschiedene Tastenkombinationen eine Weile weiterdrucken. Doch irgendwann ist Schluss, der Drucker stellt seine Arbeit ein – obwohl nur ein einfaches Verbrauchsmaterial ausgetauscht werden müsste. Und das wird zur Sollbruchstelle des Geräts. Eine Reparatur ist nicht vorgesehen. Damit kann man durchaus sagen, dass das Ende des Druckers einprogrammiert ist.

Sind Hersteller nur besonders fürsorglich?

Im vergangenen Jahr äußerte sich der Hersteller Epson zu dem Thema. Bereits 2017 war Epson ins Visier der französischen Justiz geraten. Denn in Frankreich ist geplante Obsoleszenz erfreulicherweise strafbar. Der Hersteller erklärte, dass die Lebensdauer des gesamten Geräts und die des Tintenauffangbehälters aufeinander abgestimmt wären. Mit anderen Worten: Taugt das Vlies nichts mehr, sind auch andere Teile marode. Nur bei extrem häufiger Nutzung wäre tatsächlich das Vlies der limitierende Faktor. Doch eine programmierte Abschaltung für alle Drucker kann niemals sinnvoll sein. Ebenso gut könnte man die Lebensdauer aller Elektrogeräte programmieren und behaupten, sie seien samt und sonders am Tag X unbrauchbar. Sollte man es nicht Verbraucher*innen und Verbrauchern überlassen, zu entscheiden, ob Geräte funktionstüchtig sind oder nicht? Ob sie sie reparieren möchten oder nicht? Schließlich handelt es sich bei Druckern nicht um Kernreaktoren.

Immer wieder wichtig: das Recht auf Reparatur

Theoretisch wäre es möglich, den Tintenauffangbehälter zu wechseln. Es ist aber in der Regel sehr aufwändig, da dafür der komplette Drucker auseinandergebaut werden muss. Würden für Drucker die Prinzipien des Ökodesigns greifen, wären sie so konzipiert, dass sich das Ink Pad problemlos austauschen lässt. Daran haben Druckerhersteller allerdings ganz offensichtlich kein Interesse. Und die 2021 in Kraft getretene Ökodesign-Richtlinie gilt nur für große Elektrogeräte wie Waschmaschinen oder TV-Geräte. Das deutsche Umweltministerium gibt sich auf der eigenen Website dennoch zuversichtlich: „Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene dafür ein, dass ambitionierte Anforderungen an die Reparierbarkeit auch für weitere Elektrogeräte gelten, vor allem Smartphones oder Tablets. Hierüber wird aktuell in der EU verhandelt.“ Wären die Bemühungen von Erfolg gekrönt, könnten wir dem angestrebten „Recht auf Reparatur“ endlich näherkommen.

Können Repair Cafés helfen?

In Repair Cafés reparieren Ehrenamtliche alles, was sie nur reparieren können. Drucker gehören allerdings zu den schwierigeren Objekten. Sie sind nicht nur lästig im Transport, wie beschrieben ist ihre Reparatur auch nichts für ungeduldige Gemüter. Dennoch lohnt sich Nachfragen immer! Mit etwas Glück stoßen Sie auf echte Expert*innen. Auch ein Blick in den örtlichen Reparaturführer wie den von FES für die Rhein-Main-Region kann Sie weiterbringen.

Drucker kaputt kurz nach Ablauf der Garantiezeit – ist das also Absicht?

Bislang konnte keinem Hersteller nachgewiesen werden, dass den Geräten eine gezielt kurze Lebensdauer einprogrammiert ist. Im Grunde ist das allerdings gar nicht nötig – zu offensichtlich sind die Maßnahmen, die eine Reparatur erschweren, Verbraucher*innen bevormunden und zum unnötig frühen Austausch zwingen. Die Frage, ob es geplante Obsoleszenz gibt, muss aus unserer Sicht deshalb mit „ja“ beantwortet werden, auch wenn die Sache mit der Garantiezeit vermutlich eher in den Bereich der Mythen gehört.

„Eine programmierte Abschaltung für alle Drucker kann niemals sinnvoll sein. Ebenso gut könnte man die Lebensdauer sämtlicher Elektrogeräte programmieren.“
Die Autor*in
Heidi Schmitt
Heidi Schmitt
Egal, ob mit ihrem italienischen Hund Panini oder als leidenschaftliche Läuferin: Heidi ist fast immer zu Fuß unterwegs. Die wilde Vermüllung von Grünflächen in ihrer Wahlheimat Frankfurt macht ihr dabei sehr zu schaffen. Mit alltäglichen Clean-up-Aktionen und der Tastatur hält die Bloggerin und Autorin dagegen. Ihr besonderes Interesse gilt außerdem innovativen Recyclingmethoden und verstecktem Elektroschrott in Dingen des Alltags.