Mehrweg

Mehrweg im Onlinehandel – geht das?

Eins haben Kerzen, Bücher, Bekleidung und Spielzeug gemeinsam: Mit einem Klick werden sie bestellt und innerhalb kurzer Zeit geliefert. Es ist beliebt, Produkte online zu kaufen. Allein in Deutschland haben 80% aller Menschen im Alter von 16 bis 74 Jahren schon mindestens einmal online bestellt. Das hat nur einen Haken: Unsere hohe Affinität zu Onlinebestellungen lässt uns im Verpackungsmüll versinken.

Aufgrund des digitalen Versandhandels verbrauchen wir jährlich pro Person ca. 93 Kilogramm Papierverpackungen. Für einen sicheren Transport bis zur Haustür muss die bestellte Ware vor dem Versand gut verpackt werden. Das bedeutet: Der Versandkarton alleine reicht nicht aus. Hinzu kommt meist Füllmaterial, um leicht zerbrechliche Produkte während des Transports nicht zu beschädigen. Bei uns angekommen, wird alles ausgepackt und auf direktem Weg in den Mülleimer geworfen. Es gibt jedoch jede Menge nachhaltigere Alternativen.

Kartonage statt Plastik – schützt das unsere Umwelt?

Das Umweltbewusstsein wächst stetig bei uns Menschen und in vielen Unternehmen. Auch der Onlinehandel setzt immer mehr auf Nachhaltigkeit, indem er seine Versand- und Verpackungsarten umstrukturiert. Das neue Material: Kartonage statt Plastik. Auf den ersten Blick scheint das eine umweltpositive Lösung zu sein, doch wie sieht das in der Realität aus?

Kartonverpackungen werden aus Zellstoff, Holzschliff und Altpapier hergestellt. Dafür werden jährlich weltweit bis zu 700 Millionen Bäume abgeholzt. Betrachtet man die Relevanz der Bäume bezüglich des Klimas, hat diese Verpackungsart alles andere als positive Auswirkungen auf die Umwelt. Andere Versandhändler hingegen setzen auf Naturmaterialien wie getrocknetes Heu, Hanf oder Stroh. All diese Alternativen sind gute Ansätze für eine umweltfreundlichere und nachhaltigere Lösung. Doch langfristig werden nur wiederverwendbare Verpackungsarten unsere Ressourcen schonen.

Onlineshop memolife

Der Onlineshop memolife ist langjähriger Vorreiter, was mehrfach verwendbare Versandboxen betrifft. In ihrem Onlineshop bietet die memo AG die unterschiedlichsten Produkte an: Büro-, Papier- und Schulmaterial, Bekleidung, Haushalts- und Wohnartikel, Lebensmittel, Möbel und Gartenartikel sowie Technikprodukte. Dabei setzt sie vor allem auf Nachhaltigkeit. Aus diesem Grund hat memo ein eigenes Mehrweg-Versandsystem entwickelt.

Bereits seit 2009 haben Kund*innen die Möglichkeit, bestellte Artikel in einer Mehrweg-Versandbox geliefert zu bekommen – und das kostenfrei. memo entwickelt die Box immer weiter: Seit Herbst 2016 besteht sie aus dem Recycling-Kunststoff Procyclen, der aus Kunststoffabfällen produziert wird. Somit wird nicht nur eine Menge Verpackungsabfall gespart, sondern die Treibhausgasemissionen bei der Produktion der Box verringern sich um 30 %.

Die praktische Box bietet viele Vorteile: Sie ist stabil, stoßfest und unempfindlich gegen Nässe – dadurch kann beim Transport nichts beschädigt werden. Zudem spart sie viel Verpackungsabfall und ist durch das Material hochwertig recycelbar. Kund*innen haben die Möglichkeit, die Box zu behalten oder sie kostenfrei innerhalb von 14 Tagen zurückzusenden. Sollte die Box nicht zurück an memo gehen, erhalten Kund*innen eine automatische Rechnung zugestellt. Die Box ist in drei unterschiedlichen Größen verfügbar: S, M und L. Mittlerweile gibt es in zahlreichen Städten Kuriere, denen die Mehrweg-Box direkt und unaufwändig wieder mitgegeben werden kann.

Für den sicheren Schutz während des Transports ist sie mit einem speziellen Verschlusssystem ausgestattet. Hierfür erhalten Kund*innen eine Anleitung, um die Box unbeschädigt öffnen zu können.

2017 wurde die memo AG mit dem Nachhaltigkeitspreis Logistik von den Bundesvereinigungen Logistik (BVL) Österreich und Deutschland ausgezeichnet. Zudem trägt sie heute das „Blauer Engel“-Siegel.

Die technisierte und wiederverwendbare Versandbox

Auch das Startup LivingPackets setzt auf wiederverwendbare Versandboxen. Ein neues Merkmal dieser Variante: „THE BOX“ ist technisch ausgestattet. Das bedeutet: Kund*innen können die Versandboxen über eine dazugehörige App mehrfach versenden sowie verfolgen. LivingPackets bietet eine Versandbox, mit der der Versand sicherer, transparenter und nachhaltiger gestaltet werden kann.

Das Startup wurde im Jahr 2016 gegründet. Bis heute wurden die Versandboxen getestet und entsprechend weiterentwickelt. Derzeit wird „THE BOX“ aus expandiertem Polypropylen (EPP) produziert. Dieses Material wird aus thermoplastischem Kunststoff, der physikalisch aufgeschäumt wird, hergestellt. Die Box lässt sich in zwei Größen falten: ein Liter sowie 25 Liter. Um den Inhalt der Versandbox unbeschädigt zu transportieren, befindet sich im Inneren ein Netz. Dieses Netz ersetzt unnötiges Füllmaterial.

Der Bekanntheitsgrad von „THE BOX“ ist noch nicht groß, da die Herstellungskosten dieser Boxen das Hundertfache eines Papierkartons verursachen. Sobald sie von mehreren Versandhändlern eingesetzt wird, werden auch die Herstellungskosten günstiger. An ähnlichen Angeboten feilen zudem Startups wie rePack, die mit ihrer effizienten Verpackungslösung bereits mit Unternehmen wie Décathlon Canada, Shopify und anderen kooperieren.

Weitere nachhaltige Ideen

Auch Onlinehändler wie Tchibo, Otto und Avocadostore testen nachhaltigere Alternativen zu Plastik- und Kartonverpackungen. Diese Anbieter haben für eine längere Zeit Mehrweg-Versandtaschen getestet. Ergebnis dieses ersten Testlaufs war: Wir Menschen müssen umdenken und uns umstellen. Viele finden es zu umständlich, die Mehrweg-Verpackungen zum Versandhändler zurückzuschicken.

Für die Umwelt ist es wichtig, auf wiederverwendbare Alternativen umzusteigen. Durch Gesetzesänderungen wird der Trend hin zu weniger Verpackungsmüll auch bald bei Verbraucher*innen zu einer neuen Normalität führen. Denn nur wenn Ressourcen öfter verwendet und somit geschont werden, erreichen wir unsere Umwelt- und Klimaziele.

„Für Kartonageverpackungen werden jährlich weltweit bis zu 700 Millionen Bäume abgeholzt.“
Die Autor*in
Jil Zitnik
Jil Zitnik
Schon als Kind war Jils große Leidenschaft die Literatur. Aus diesem Grund entschied sie sich nach ihrem Abitur Germanistik an der Goethe Universität in Frankfurt zu studieren. Neben ihrem Studium ist sie als Werkstudentin bei der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH im Bereich Marketing tätig und schreibt für RECYCLIST. In ihrer Freizeit sitzt Jil häufig vor ihrem Laptop und verfasst Texte oder sie spaziert mit ihrem Hund durch Frankfurt und versucht währenddessen die Stadt weiterhin sauber zu halten.