In einer Zeit, in der Energieeffizienz zu einem treibenden Thema der Wirtschaft avanciert, stellt sich eine zentrale Frage: Wer verursacht bei spezifischen Aufgabenstellungen mehr negative Umweltauswirkungen, Menschen oder Maschinen – konkret Künstliche Intelligenzen (KI)?
KI und Mensch im Vergleich: Zahlen, Daten Fakten
In einer bisher wenig beachteten Studie mit dem Titel „The carbon emissions of writing and illustrating are lower for AI than for humans“ analysieren Forscher*innen die CO₂-Emissionen, die sowohl bei der Erstellung von Texten als auch von Illustrationen durch KI-Systeme und menschliche Kreative entstehen. Dabei wurden verschiedene KI-Modelle und deren Energieverbrauch berücksichtigt. Für die menschliche Erstellung wurden typische Arbeitszeiten und der damit verbundene Energieverbrauch herangezogen.
Die Ergebnisse zeigen, dass KI-Systeme pro erstellter Textseite zwischen dem 130- und 1.500-Fachen weniger CO₂-Äquivalente (CO₂e) emittieren als menschliche Autor*innen. Bei Illustrationen liegt dieser Faktor zwischen dem 310- und 2.900-Fachen.
Konkret veranschlagen die Wissenschaftler*innen für die Arbeit menschlicher Autor*innen etwa 17 g CO₂e pro Seite, während ein KI-Modell, abhängig von der Rechenleistung, nur zwischen 0,012 g und 0,13 g CO₂e benötigt. Für die Erstellung von Illustrationen zeigt sich ein ähnliches Bild: KI generiert Grafiken mit lediglich 0,26 g CO₂e pro Illustration, ein Bruchteil der Emissionen, die durch menschliche Grafikdesigner*innen entstehen.
Unterschiede zwischen US-Amerikaner*innen und Inder*innen
Doch hebt die Studie auch hervor, dass ein bedeutender Unterschied in den CO₂-Emissionen zwischen US-amerikanischen und indischen Autor*innen festgestellt wurde. Dieser Unterschied ergibt sich aus dem jeweiligen nationalen Energiemix und dem persönlichen CO₂-Fußabdruck, der stark von der Stromproduktion in diesen Ländern abhängt.
So verursachen US-Amerikaner*innen während kreativer Arbeit höhere CO₂-Emissionen, da ihr Energiemix stark auf fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Kohle basiert, was die Emissionen pro kWh erhöht. Im Vergleich dazu ist der CO₂-Fußabdruck von Inder*innen niedriger, da ihr durchschnittlicher Energieverbrauch pro Kopf geringer ist, trotz eines ebenfalls fossilen Energiemixes.
Rolle des persönlichen CO₂-Fußabdrucks in der Studie
Die Studie macht also zwischen den Zeilen auch deutlich, dass der persönliche CO₂-Fußabdruck eine zentrale Rolle in den Ergebnissen spielt. Entscheidend für die Betrachtung sind Faktoren wie die nationale Energieinfrastruktur, individuelle Arbeitsgewohnheiten und technologische Ausstattung. Länder mit erneuerbaren Energien und energieeffizienter Technologie schneiden also zwangsläufig besser ab. Die Unterschiede zwischen KI und menschlicher Kreativität hängen stark vom geografischen und technologischen Kontext ab, wobei ein nachhaltigerer Energiemix die Umweltbilanz menschlicher Arbeit verbessern könnte.
Kritische Betrachtung der Ergebnisse
Die Einbeziehung des individuellen CO₂-Fußabdrucks macht die Studie besonders relevant, zeigt aber auch Schwächen:
- Die Verallgemeinerung auf nationale Durchschnittswerte übersieht Variabilität innerhalb der Länder.
- Die Methodik berücksichtigt nicht, dass Länder wie Indien zukünftig einen höheren Energieverbrauch pro Kopf entwickeln könnten, was die Ergebnisse langfristig verschieben würde.
- Der Vergleich von KI und menschlicher Kreativität basiert hier auf aktuellen Strommixen, ohne zukünftige Veränderungen zu modellieren.
Trotz der beeindruckenden Effizienz von KI gibt es Herausforderungen, die nicht übersehen werden dürfen. Die in der Studie hervorgehobenen niedrigeren Emissionen beziehen sich auf die Nutzung einzelner Modelle. Doch der Gesamtenergieverbrauch der zugrunde liegenden Infrastruktur – insbesondere der Rechenzentren, die für das Training und den Betrieb von KI-Systemen notwendig sind – bleibt ein kritischer Faktor. Je mehr KI-Systeme global eingesetzt werden, desto größer wird der Bedarf an nachhaltigen Energiequellen.
Hinzu kommen ethische Bedenken, über die auch an anderer Stelle bereits berichtet wurde. Die KI-Industrie hängt stark von der Arbeit sogenannter Annotation Workers ab, die Trainingsdaten für die Algorithmen bereitstellen. Diese Tätigkeiten werden oft in Niedriglohnländern unter fragwürdigen Bedingungen ausgeführt, was soziale Ungleichheit verstärken kann.
Fazit: Effizienz neu definieren
Die Wahl zwischen Mensch und Maschine sollte nicht allein von Effizienzmetriken abhängen. Vielmehr geht es darum, die Stärken beider Seiten zu kombinieren und dabei ökologische sowie soziale Verantwortung zu übernehmen. Denn Effizienz bedeutet in der modernen Wirtschaft mehr als nur Geschwindigkeit und Präzision – sie erfordert auch den Blick auf langfristige Werte.