Unternehmen, in Deutschland vornehmlich gewinnorientierte Kapitalgesellschaften wie etwa GmbHs und AGs, erheben jährlich Kennzahlen, um die finanziellen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit gegenüber Stake- und Shareholdern (meist Lieferanten und Banken) zu kommunizieren und so Vertrauen in die eigene Zukunftsfähigkeit zu schaffen. Zur Verstärkung der positiven Auswirkungen und Reduktion negativer Auswirkungen werden die Ergebnisse dieses Jahresabschlusses evaluiert und für das folgende Geschäftsjahr Ziele festgelegt, Maßnahmen zu deren Erreichung definiert und umgesetzt, um am Ende des Geschäftsjahres veröffentlicht und bewertet zu werden.
Für den Großteil der Unternehmen weltweit gehört dieser Managementzyklus fest zur unternehmerischen Tätigkeit dazu. Der letzte Prozessschritt, die Berichterstattung über die finanziellen Kennzahlen im Jahresabschluss, ist zumindest in Deutschland obligatorisch.
Was ist ein Nachhaltigkeitsbericht?
Ein Nachhaltigkeitsbericht ist in diesem Sinne als eine „Berichterstattung über nichtfinanzielle Kennzahlen“ zu definieren. Nachhaltigkeitsberichte sind Berichte, in denen Unternehmen ihre ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen sowie die sich daraus ergebenden Risiken und Chancen offenlegen.
Die Nachhaltigkeitsberichte dienen ebenso wie Finanzberichte dazu, Stakeholdern, also den Anspruchsgruppen des Unternehmens (dazu gehören beispielsweise die Mitarbeitenden, Kund*innen, Lieferanten und auch Banken) standardisierte Informationen über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens bereitzustellen.
Im Gegensatz zu Finanzberichten, die sich auf wirtschaftliche Kennzahlen konzentrieren, erfassen Nachhaltigkeitsberichte eine breitere Palette an Faktoren wie beispielsweise CO2-Emissionen, Kennzahlen zu sozialer Verantwortung und der Unternehmensethik.
Sind Nachhaltigkeitsberichte neu?
Tatsächlich reicht die Geschichte der Nachhaltigkeitsberichterstattung bis in die 1970er Jahre zurück, als erste Unternehmen begannen, soziale und ökologische Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit freiwillig offenzulegen. In den 1990er Jahren gewann das Thema durch die Global Reporting Initiative (GRI) an Bedeutung, die erstmals international anerkannte Standards für die Berichterstattung entwickelte. Mit wachsendem öffentlichem Bewusstsein für Umwelt- und Sozialfragen wurden Nachhaltigkeitsberichte zunehmend zur Norm, insbesondere bei großen Unternehmen.
Die EU führte 2014 die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ein, die 2023 durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ersetzt wurde, um umfassendere und standardisierte Berichte zu gewährleisten. Heute ist Nachhaltigkeitsberichterstattung ein zentraler Bestandteil der Unternehmenskommunikation und unterliegt regulatorischen Anforderungen.
Auf diese Anforderungen gehen wir im Detail im zweiten Teil dieser Reihe ein. Bereits einen Vorgeschmack gibt es in: CSRD – kommt jetzt die nachhaltige Transformation der Wirtschaft?
Warum sind Nachhaltigkeitsberichte relevant?
Als Weltgemeinschaft stehen wir vor einer Vielzahl globaler Herausforderungen, wobei die existentiellste Herausforderung der Klimawandel und dessen Effekte auf Biodiversität und Ökosysteme darstellt.
Zu dieser Einschätzung kommt neben der (Klima-)Wissenschaft auch das World Economic Forum in seinem 2024 veröffentlichten „Global Risks Report“ basierend auf der Befragung von 11.000 Wirtschaftsführer*innen aus 113 Volkswirtschaften.
Es wird deutlich, dass Unternehmen zur Minimierung dieser langfristigen Risiken auch die Umweltauswirkungen der eigenen unternehmerischen Tätigkeiten unter die Lupe nehmen müssen. Die Relevanz von Nachhaltigkeitsberichten für Unternehmen liegt also im Kern in der Sicherung der Zukunftsfähigkeit. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Steuerung von Umwelt- und Sozialauswirkungen, die als „Nachhaltigkeitsmanagement“ definiert ist.
Doch nicht nur die Unternehmen selbst, auch die EU sorgt sich um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Europa. Sie hat mit ihrem Programm „European Green Deal“ das Ziel ausgerufen, die Umweltbelastung drastisch zu verringern und bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden.
Das zugrundeliegende Motiv der beiden Akteure kann in dem sogenannten „Vorrangmodell der Nachhaltigkeit“ gesehen werden: Ohne Umwelt keine Gesellschaft, ohne Gesellschaft keine Wirtschaft.
Die EU, ebenso wie eine Vielzahl an Unternehmen, haben also erkannt, dass erst eine intakte Umwelt eine intakte Gesellschaft ermöglicht, die wiederum die Grundlage für wirtschaftliche Aktivitäten darstellt. Die aktive Steuerung ökologischer und sozialer Faktoren sollte entsprechend als aktives Risikomanagement verstanden werden.
Der risikoorientierte Ansatz als Argument für die Relevanz von Nachhaltigkeitsmanagement und Berichterstattung wird beispielsweise auch dadurch deutlich, dass die meisten in Deutschland tätigen großen Fertigungsunternehmen in globale Liefernetzwerke eingebunden sind, über internationale Vertriebsstrukturen verfügen und strategisch platzierte Produktions- sowie Servicestandorte betreiben. Diese oft hochkomplexen Wertschöpfungsnetzwerke erfordern eine fortlaufende Überwachung der Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie aller Rahmenbedingungen, um frühzeitig geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören entsprechend auch Arbeits- und Menschenrechte entlang der Wertschöpfungskette.
Und auch aus der Gesellschaft selbst heraus wächst der Wunsch nach mehr Transparenz bezüglich Umwelt- und Sozialthemen. Insbesondere die junge Generation legt vermehrt Wert auf die mess- und sichtbare Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen. Der derzeit und auf absehbare Zeit herrschende Arbeitnehmer*innenmarkt verschärft die Relevanz für Unternehmen. Gut ausgebildete Fachkräfte möchten im Zuge des fortschreitenden Klimawandels fundierte Entscheidungen treffen, ob sie Teil der Lösung oder Teil des Problems sind.
Der Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung kurz zusammengefasst
Die Berichterstattung über nichtfinanzielle Kennzahlen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung, ist der letzte Prozessschritt eines auf Umwelt- und Sozialfaktoren ausgerichteten Managementzyklus. Das Nachhaltigkeitsmanagement erreicht für Unternehmen und Gesellschaft einen zunehmend hohen Stellenwert und ist ein wesentliches Instrument zur Steuerung von ökologischen und sozialen Auswirkungen durch unternehmerische Tätigkeit.
Wie die Europäische Union diese Steuerung angedacht hat und über welche Themen Unternehmen berichten müssen klären wir im nächsten Teil der Reihe.
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