Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen Unternehmen ihre Themen in einer Wesentlichkeitsanalyse strukturieren.

Klimawandel

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Wesentlichkeitsanalyse und Klimatransitionsplan (Teil 2 von 3)

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein zentrales Element ist die Wesentlichkeitsanalyse, mit der Unternehmen ermitteln, welche Nachhaltigkeitsthemen für ihre Geschäftstätigkeit relevant sind. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Entwicklung eines Klimatransitionsplans.

Der erste Teil der Reihe macht deutlich, warum Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen immer wichtiger wird. Doch welche Themen und Kennzahlen sollen Unternehmen eigentlich berichten? Eine wichtige Rolle spielt hier die Wesentlichkeitsanalyse, mit der Unternehmen identifizieren, welche Nachhaltigkeitsthemen für sie besonders relevant sind.

Im zweiten Teil betrachten wir entsprechend, wie Unternehmen diese Analyse durchführen und warum ein Klimatransitionsplan entscheidend für eine zukunftsfähige Unternehmensstrategie ist.

Doppelte Wesentlichkeit: das Herzstück der CSRD

Ein zentraler Unterschied zur bisherigen Berichterstattung nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ist die Einführung des Prinzips der doppelten Wesentlichkeit (Double Materiality). Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsthemen aus zwei Perspektiven betrachten:

  • Impact Materiality (Auswirkungswesentlichkeit): Welche Auswirkungen hat das Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft?
  • Financial Materiality (finanzielle Wesentlichkeit): Welche Nachhaltigkeitsthemen haben finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen?

Das bedeutet: Ein Unternehmen muss nicht nur die Risiken und Chancen durch Klimawandel oder soziale Veränderungen für sich selbst bewerten, sondern auch, wie es selbst Umwelt und Gesellschaft beeinflusst.

Der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse: Schritt für Schritt

1. Identifikation relevanter Nachhaltigkeitsthemen: Im ersten Schritt müssen Unternehmen herausfinden, welche ESG-Themen (Ecology (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) besonders wichtig sind. Dazu werden

  • Anforderungen von Standards (z. B. GRI, SASB, ESRS) analysiert,
  • regulatorische Anforderungen wie etwa die EU-Taxonomie oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz berücksichtigt,
  • ein Dialog mit den Stakeholdern des Unternehmens aufgenommen
  • und gesellschaftliche Trends und wissenschaftliche Erkenntnisse in die Analyse einbezogen.

Das Ergebnis ist eine Liste potenziell wesentlicher Themen, die weiter überprüft wird. Ein zentraler Bestandteil dieser Prüfung ist der Dialog mit den Stakeholdern des Unternehmens. Dieser Dialog findet etwa durch Interviews, Umfragen oder Workshops statt.

Interne Stakeholder können die Geschäftsführung, Mitarbeitende und Investor*innen sein, externe Stakeholder sind Kund*innen, Lieferanten, Umweltverbände, Behörden usw. Die gesammelten Rückmeldungen zum erarbeiteten Themenkatalog helfen dabei, die Relevanz einzelner Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten und frühzeitig mögliche Konflikte oder Chancen zu erkennen.

Nachdem alle relevanten Themen identifiziert wurden, folgt die Bewertung anhand der beiden Dimensionen der doppelten Wesentlichkeit (s. o.), beispielsweise mit Scoring-Modellen oder Matrix-Analysen. Unternehmen bewerten jedes Thema hinsichtlich seiner Bedeutung und Dringlichkeit, um eine klare Priorisierung zu ermöglichen.

2. Priorisierung wesentlicher Themen und strategische Verankerung: Basierend auf den Ergebnissen der Bewertung werden die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen festgelegt. Diese müssen in die Unternehmensstrategie integriert werden, um nachhaltige Geschäftsentscheidungen zu ermöglichen. Unternehmen sollten also:

  • eine zentrale Wesentlichkeitsmatrix erstellen, die visuell darstellt, welche Themen besonders relevant sind,
  • Maßnahmen entwickeln, um die identifizierten Themen gezielt zu steuern,
  • und sicherstellen, dass die Ergebnisse in die Geschäftsstrategie und das Risikomanagement einfließen.

3. Dokumentation und transparente Berichterstattung: Der letzte Schritt umfasst die detaillierte Dokumentation der Wesentlichkeitsanalyse gemäß den CSRD-Vorgaben. Unternehmen müssen klar und nachvollziehbar darlegen:

  • Welche Themen wurden als wesentlich eingestuft?
  • Welche Stakeholder wurden befragt und welche Erkenntnisse daraus gewonnen?
  • Wie sind die Ergebnisse in die Unternehmensstrategie eingeflossen?

Diese Transparenz schafft Vertrauen bei Investor*innen, Kund*innen und den Stakeholdern. Für die meisten von der Regulierung betroffenen Unternehmen wird der Themenkomplex „Klimaschutz und Klimaanpassung“ ein wesentliches Handlungsfeld darstellen. Die CSRD fordert dann die Erstellung eines detaillierten Klimatransformationsplans.

Der Klimatransitionsplan: ein Schlüsselelement der Berichterstattung

Der Klimatransitionsplan beschreibt den Weg eines Unternehmens zur Dekarbonisierung und wie es sich an die Transformation der Wirtschaft anpasst. Er definiert:

  • klare Emissionsreduktionsziele für die nächsten Jahre und Jahrzehnte
  • konkrete Maßnahmen, um Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette zu senken
  • Investitions- und Finanzierungsstrategien, um die Transformation zu ermöglichen
  • Mechanismen zur Erfolgskontrolle und Berichterstattung

Die CSRD macht deutlich, dass Unternehmen nicht nur die Chancen des Klimawandels nutzen, sondern sich auch mit physischen und transitorischen Risiken auseinandersetzen müssen:

Risikotyp

Beschreibung

Physische Risiken

Extreme Wetterereignisse, Naturkatastrophen, steigende Temperaturen, Wassermangel

Transitorische Risiken

Gesetzliche Anforderungen, steigende CO₂-Preise, veränderte Kundenerwartungen, technologische Veränderungen

Ein Unternehmen, das seinen Klimatransitionsplan ernst nimmt, kann also Kosten senken, regulatorische Unsicherheiten minimieren und die eigene(n) Marke(n) langfristig stärken. Die CSRD gibt klare Vorgaben dazu, welche Inhalte ein Klimatransitionsplan abdecken sollte:

1. Wissenschaftsbasierte Klimaziele: Unternehmen müssen darlegen, wie sie mit ihrer Strategie zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C beitragen. Dazu bietet sich eine Orientierung an anerkannten Standards wie der Science-Based Targets Initiative (SBTi) oder der EU-Taxonomie an.

2. Maßnahmen zur Emissionsreduktion: Wie wird eine Umstellung auf erneuerbare Energien und eine Verbesserung der Energieeffizienz erreicht? Dies beinhaltet z. B. auch die Optimierung von Lieferketten sowie die Betrachtung von Möglichkeiten zur Kreislaufwirtschaft und die nachhaltige Produktgestaltung.

3. Investitions- und Finanzierungsstrategie: Unternehmen müssen die Maßnahmen zur Klimaneutralität mit einem Investitionsplan unterlegen, um aufzuzeigen, wie künftig nachhaltige Technologien und Geschäftsmodelle finanziert werden.

4. Integration in Unternehmensstrategie und Governance: Die Klimatransformation muss fest in der Unternehmensstrategie verankert werden. Daher müssen Vorstände und Führungskräfte in die Verantwortung für die Umsetzung und Überwachung der Maßnahmen genommen werden.

5. Monitoring und Fortschrittsberichterstattung: Unternehmen müssen regelmäßig messen, ob sie ihre Klimaziele erreichen, und darüber berichten.

Damit der Klimatransitionsplan wirksam ist, sollte er auf Basis der Wesentlichkeitsanalyse entwickelt werden. Unternehmen sollten sich also fragen:

  • Welche klimabezogenen Risiken und Chancen sind für uns wesentlich?
  • Welche Stakeholder-Erwartungen bestehen hinsichtlich Klimaschutz?
  • Wie können wir unsere Geschäftsstrategie anpassen, um langfristig erfolgreich zu sein?

Nur wenn der Klimatransitionsplan auf einer fundierten Analyse basiert, kann er praxisnah und zukunftssicher umgesetzt werden.

Fazit: Herausforderungen und Chancen für Unternehmen

Die größte Herausforderung für viele Unternehmen liegt in der Erhebung und Analyse der Daten. Besonders die Bewertung von Scope-3-Emissionen und die Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette erfordern präzise und belastbare Daten, die oft schwer zugänglich sind.

Auch darf Nachhaltigkeit kein isoliertes Projekt bleiben – das erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Nachhaltigkeitsmanagement und der Geschäftsführung. Teils hohe Investitionen in nachhaltige Technologien, erneuerbare Energien oder emissionsarme Produktionsprozesse können abschreckend wirken, doch langfristig sind diese Maßnahmen entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und senken in vielen Fällen auch laufende Kosten.

Im dritten Teil der Blogreihe werfen wir einen Blick auf Best Practices und aktuelle Entwicklungen rund um die CSRD. Hier geht es zum Nachhaltigkeitszertifikat der FES oder zu weiteren CSRD-Artikeln.

„Wäre die Natur eine Bank, hätten wir sie längst gerettet.“
Eduardo Galeano
Die Autor*in
Lukas Glöckner
Lukas Glöckner
Lukas ist Mediengestalter und Kommunikationsmanager B.A. Er kommt aus dem Bereich "CSR" eines Familienunternehmens und arbeitet nun bei "Lust auf besser leben". Er ist im Herzen ein stets kreativer und besonnener Hands-on-Teamplayer - und schreibt für sein Leben gern. Am liebsten über neue Innovationsthemen, die er sich selbst "drauffschaffen" muss.