Textilabfälle in Bangladesch

Ressourcen

Ressourcenschutz in der Modebranche

Deutsche kaufen durchschnittlich 12-15 kg Kleidung pro Kopf im Jahr, wovon ca. 40 Prozent ungetragen bleiben. Die sogenannten Fast-Fashion-Filialisten liefern mit teils zweiwöchig wechselnden Kollektionen ständigen Nachschub und dominieren den weltweiten Bekleidungsmarkt. Wo sind also Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit?

Wir Deutsche kriegen einfach nicht genug ... Um der konstanten Nachfrage nach neuen Looks und Alternativen im Kleiderschrank nachkommen zu können, werden große Mengen an Rohstoffen und somit wertvollen Ressourcen genutzt. Das ist klar. Um die Preise niedrig zu halten, werden häufig qualitativ minderwertige Produkte gefertigt. Diese Entwicklung ist immer mehr Menschen bewusst, nicht zuletzt seit dem Unglück in der Textilfabrik in Rana Plaza.

Die Folgen dieses seit der Jahrtausendwende anhaltenden Trends sind nicht zu vernachlässigen, denn die Modebrache ist eine stark umweltbelastende Industrie. Nicht nur ist sie zweitgrößte Wasserverschmutzerin. Sie verursacht zudem innerhalb der EU jährlich 1,5 bis 3 Millionen Tonnen Textilmüll.

Dabei hat sie einen größeren CO2-Verbrauch als Deutschland, Frankreich und England zusammen. Abgesehen von diesen ökologischen Belastungen schreien auch die teils menschenunwürdigen Arbeitsumstände der Textilarbeiter*innen – zum Großteil im Globalen Süden – nach alternativen Konzepten, um einer Ressourcenknappheit entgegenzuwirken und ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen.

Alternative Konzepte in der Modebranche

Alternativen gibt es inzwischen glücklicherweise einige. Diese werden unter anderem seit bald drei Jahren auf der NEONYT Messe gezeigt – im Januar 2022 findet die nächste Show im Rahmen der Frankfurt Fashion Week statt. Für soziale Verantwortung und nachhaltige Produktion stehen Marken wie „Bridge & Tunnel“, „Wiederbelebt“ oder „Modus Intarsia“.

Wiederbelebt produzieren beispielsweise aus industrieller Überschussware. Hierbei wird auf Langlebigkeit durch minimalistische Designs gesetzt. Bei Bridge & Tunnel steht der soziale Aspekt im Fokus. Neben der Verwendung von gebrauchtem und überschüssigem Denim-Stoff setzt das Unternehmen auf die Integration von Arbeitskräften, die im regulären Arbeitsmarkt durch fehlende Abschlüsse oder Sprachkenntnisse weniger Perspektiven haben. Einen besonders innovativen Ansatz verfolgen Modus Intarsia. Hier wird ausgekämmtes Unterhaar von langhaarigen Hunden als Rohmaterial verwendet und daraus eine Wolle gefertigt, die Kaschmir gleicht und ohne Tierleid auskommt. Innovativ und ressourcenschonend sind auch Labels wie Thought, die beispielsweise Mäntel aus recycelten Plastikflaschen fertigen. Denselben Ansatz verfolgen EcoAlf, die aus alten PET-Flaschen, Fischernetzen oder sogar Kaffeesatz neue Kleidungsstücke schaffen.

Faire, ressourcenschonende Mode ist allerdings noch lange kein Mainstream. Die Nachfrage nach Bio-Baumwolle steigt nur wenig, im Gegenteil zum gesteigerten Konsument*innenbewusstsein und dem Bedarf nach nachhaltigen Alternativen. Hierbei ist zu beachten, dass sich viele Fast Fashion Brands des Greenwashings bedienen und Konsument*innen durch etwa ein grünes Etikett oder einen verschwindend geringen Anteil von Bio-Baumwolle täuschen.

Siegel-Dschungel

Um Verbraucher*innen Aufschluss über die Herstellung und die Materialien von Kleidungsstücken zu geben, gibt es viele verschiedene Siegel. Es lässt sich allerdings immer wieder feststellen, dass der Vielzahl an Siegeln teilweise wenig Beachtung oder Vertrauen entgegengebracht und diese somit häufig nicht als Kaufargument angesehen werden. Aufschlussreich und vertrauenswürdig sind insbesondere die Siegel von GOTS, Fairtrade, Fair Wear oder das Made in Green-Siegel von Oeko-Tex. Hier werden giftfreie, ressourcenschonende und faire Modeprodukte garantiert – mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Standards.

Frankfurter Modelabels als Vorreiter

Der Frankfurter Einzelhandel übernimmt bereits eine Vorreiterrolle: Im Rahmen der Ausstellung „Fashion im Kiez“ im Juli 2021 gewährten fünf Modeläden auf der Frankfurter Berger Straße Einblicke in die Themenbereiche Rohstoffe, Produktion, Konfektionierung, Transport und Circular Fashion. Viele Frankfurter Modelabels und Geschäfte mit Nachhaltigkeitsfokus haben sich als Frankfurt Fashion Movement innerhalb eines Netzwerkes zusammengeschlossen.

Lediglich ein paar Kilometer vor den Toren der Mainmetropole sitzt ein Pionier im Bereich der fairen Mode: das hessische Bekleidungs- und Textilunternehmen Hessnatur, das bereits seit 1976 das Thema natürliche, biologische Textilien verfolgt. Dabei setzt das nachhaltige Unternehmen neben Bio-Baumwolle auf ressourcenschonende Materialien wie Hanf, der mit einem Hektar Anbaufläche Rohstoffe für ca. 1.250 Jeans liefert.

Circular Fashion zur Ressourcenschonung?

Circular Fashion bezeichnet Kreislaufwirtschaft von Modeprodukten. Ein gutes Beispiel aus dem Bereich Materialwiederverwertung sind Kleidungsstücke oder Accessoires, die aus alten PET-Flaschen produziert und somit theoretisch immer wieder recycelt werden können. Der Ansatz der Circular Fashion steht im Gegensatz zur Linearwirtschaft, welche auf den einmaligen Konsum und einen möglichst hohen Profit ausgelegt ist. Aufgrund der ökologischen Krise und den endlichen weltlichen Ressourcen ist dieses System langfristig nicht tragbar. Die Circular Fashion bedenkt daher bereits beim Designprozess die Wiederverwendbarkeit und Langlebigkeit der Kleidungsstücke. In diesem Kontext wissen viele beispielsweise nicht, dass Mode besser recycelt werden kann, je weniger unterschiedliche Applikationen sie nutzt. Ein naturfarbenes Shirt ohne Pailetten ist also einfacher in einen Kreislauf zu führen.

Weitere Lösungen sind Leasing-Modelle für Kleidung, die als neues Geschäftsmodell auch in puncto Wirtschaftlichkeit interessant sind. Denn wer braucht schon für jeden Anlass ein eigenes Outfit. „Sharing“ ist das neue Haben. Zudem gibt es Ansätze, bei denen Modeläden gebrauchte Kleidung wieder zurücknehmen und reparieren oder verwerten; ein Service, der neben Kund*innenbindung auch als Geschäftsfelderweiterung betrachtet werden kann.

Start-ups wie „Circular.Fashion“ bieten zudem Services für Modelabels und Produzent*innen, die über Workshops und eine digitale Materialdatenbank Informationen über die Wiederverwendbarkeit und Haltbarkeit von Stoffen erhalten. (Ein Interview mit der Gründerin finden Sie hier.)

Der Einsatz von langlebigen Materialien sowie ein optimierter Recyclingprozess sind also Teil der Lösung, wenngleich der Recyclingprozess der Modebranche aktuell noch hochkomplex und teils ineffizient abläuft.

Konsument*innen entscheiden

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass es inzwischen eine Vielzahl an nachhaltigen Marken gibt, die ressourcenschonender produzieren. Allerdings muss sich auch das Kaufverhalten der Konsument*innen anpassen. Entschleunigung ist in der Modebranche ein ebenso wichtiges Stichwort wie in anderen, Marken wie „Armed Angels“ zeigen mit ihrer Kampagne #detoxdenim, dass der alltägliche Detox auch mit minimalistischer Mode funktioniert.

Wirklicher Ressourcenschutz entsteht erst, wenn Konsument*innen beginnen, nur das zu kaufen, was sie wirklich brauchen, und offen gegenüber alternativen Konzepten sind. Denn auch ein minimalistischer Kleiderschrank mit ausgewählten zeitlosen Kleidungsstücken kann modisch und aktuell sein. Daher ist der Bewusstseinswandel ein guter erster Schritt in Richtung Ressourcenschutz und Nachhaltigkeit innerhalb der Modebranche.

Mehr zum Thema finden Sie in den Artikeln „Was ist nachhaltiger – Baumwolle oder Polyester?“ und „Secondhand-Shopping – Deutschlands fünf nachhaltigste Kaufhäuser“.

Quellen:

fashionchangers.de

enorm-magazin.de

Utopia.de

frankfurtnachhaltig.de

www.hessnatur.com

fashionchangers.de

„Wirklicher Ressourcenschutz entsteht erst, wenn Konsument*innen beginnen, nur das zu kaufen, was sie wirklich brauchen, und offen gegenüber alternativen Konzepten sind.“
Die Autor*in
Flora Matani
Flora Matani
‚Nomen est omen' oder ‚Der Name ist Programm'. Flora beschäftigt sich seit einigen Jahren mit verschiedenen Themen rund um Nachhaltigkeit. Umgeben von Zimmerpflanzen oder auf ihrem Balkongarten, beschäftigt sie sich mit Tierschutz, fairer Mode oder veganer Ernährung. Für die FES betreut sie nachhaltige Projekte und berät Kunden im Rahmen der Abfallvermeidung. Zudem schreibt Sie redaktionelle Beiträge für den reCYClist.