Gebrauchte Geräte funktionieren genauso gut und schonen die Umwelt

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Wiederverwenden statt neu kaufen – was passiert mit unserer Elektronik?

Wer kennt es nicht: Das neue iPhone mit optimierter Kamera oder der neue Fernseher mit integrierter Sprachsteuerung kommt auf den Markt. Prompt sieht man sein Gerät mit anderen Augen. Man sehnt sich nach der moderneren, technisch überlegenen Neuware, obwohl das aktuelle Gerät noch einwandfrei funktioniert. Das Problem ist ein rasant wachsender Müllberg voller funktionsfähiger Elektronik. Was nun?

In Deutschland allein fallen jedes Jahr laut TAZ 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Dieser ist voller Schadstoffe und seltener Erden, immerhin 17 verschiedene Metalle, die sehr umweltschädlich in der Gewinnung sind.

Darüber hinaus ist der „ökologische Rucksack“ von elektronischen Geräten groß. Er versinnbildlicht alle Ressourcen, die vom Abbau der Rohstoffe über die Nutzung bis hin zur Entsorgung verbraucht werden.

Die als „seltene Erden“ bezeichneten Metalle verursachen schon bei der Herstellung eine hohe Menge an Energie. Da die Geräte meist außerhalb Europas hergestellt werden, kommen hierzu meist noch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung und Produktion in Schwellenländern sowie die Transport-Emissionen. Da der Gebrauch von Elektronikgeräten immer kürzer wird und das Nutzungsende in vielen Fällen trotz gesetzlicher Rahmenbedingungen für die Hersteller*innen häufig noch nicht in die Wiederverwendung oder Wiederverwertung führt, entsteht viel Schrott, der keiner sein müsste. Energieverschwendung pur.

Der ökologische Rucksack eines Smartphones

Den ökologischen Rucksack eines Smartphones beispielsweise hat das „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ mit einer eigens dafür entwickelten Formel errechnet. Er liegt bei 75,3 Kilogramm. Im Vergleich zu dem Gewicht des Smartphones, das bei nur um die 80 Gramm liegt, sind das immens hohe ökologische Kosten für eine Durchschnittsnutzung von nur 2 Jahren.

Selbst wenn das neue Gerät energieeffizienter sein sollte, verbraucht es meist durch zunehmende Größe und ausgeweitete Funktionen die gleichen Emissionen. Die Umweltbelastung, die durch die Produktion eines neuen Gerätes entsteht, kann also kaum durch höhere Energieeffizienzwerte ausgeglichen werden. Vor allem nicht bei der üblichen Nutzungsdauer von Elektrogeräten – Tendenz sinkend.

Secondhand-Elektronik statt Elektroschrott von morgen

Aus diesem Grund steigen immer mehr Menschen auf Secondhand-Ware um. Nach dem Motto „des einen Müll ist des anderen Schatz“ können die ausgedienten Geräte wieder dem Kreislauf zugeführt und wiederverwendet werden. So wird aus Elektroschrott Wertstoff aus zweiter Hand. Dieser hat eine positive Auswirkung auf die Ökobilanz der Geräte, da der Lebenszyklus verlängert wird.

Mit der Wiederverwendung und dem Secondhand-Kauf können Umweltbelastungen, die durch die Neuproduktion entstehen, eingedämmt werden. Ressourcen werden geschont und das immense Abfallaufkommen reduziert. Laut FOCUS online spart jedes Secondhand-Smartphone 48 kg CO2 pro Gerät. In Deutschland wären das bei schätzungsweise 124 Millionen ungenutzten Altgeräten in der Schublade 5.952.000.000 kg CO2 Einsparpotenzial. Eine Zahl, deren Volumen die Vorstellungskraft der meisten Menschen übersteigt.

Trend: „reuse“ statt wegwerfen

Immer mehr Secondhand-Kaufhäuser werden in Deutschland eröffnet, teilweise sogar mit deutschlandweitem Online-Versand. Geräte werden von Elektroniker*innen auf Herz und Nieren getestet, gereinigt und mit einem Prüfsiegel versehen. Sie erhalten dadurch sogar wieder eine Gewährleistung der Funktionalität. So steht der Secondhand-Kauf dem Neukauf in nichts mehr nach, während man zudem noch Geldbeutel und Umwelt schont.

Ein Beispiel hierfür gibt es bereits in Frankfurt am Main: Gemeinsam mit dem Partner GWR gGmbH, einem kommunalen Sozialunternehmen, baut der lokale Entsorgungsbetrieb FES GmbH den lokalen Kreislauf für Wiederverwendbares deutlich aus. Dazu startet das Tandem einen Online-Shop für elektronische Altgeräte, die für die Entsorgung bestimmt waren. Der Name ist Programm: www.reyours.de. Unter dem Motto „Respekt, wer reused“ wird gezielt auf den Trend der Nachhaltigkeit gesetzt.

Während man in dem stationären Warenhaus der GWR, Neufundland, heute schon Secondhand-Produkte kaufen kann, fokussiert sich der Online-Shop auf Elektronik. Die elektronischen Altgeräte gelangen entweder durch eine direkte Spende im Kofferraumservice der FES oder durch die Abholung über den Sperrmüll und das EASI-Projekt der GWR in den Wiederverkauf.

Was nicht wiederverwendet werden kann, wird in den Demontage-Abteilungen der GWR zerlegt, von Schadstoffen befreit und zur stofflichen Verwertung an spezialisierte Betriebe weitergegeben. Selbst wenn der Kauf von Secondhand-Ware nichts für einen ist, sollte man seine Geräte lieber spenden anstatt sie zu entsorgen. So besteht die Chance, dass sie wieder im Kreislauf landen und der Lebenszyklus verlängert wird. Das sorgt für einen leichteren ökologischen Rucksack und hilft damit uns allen.

Im Secondhand-Warenhaus Neufundland kann man Altgeräte in neuem Glanz erwerben, reYOUrs 2020
„Jedes gebrauchte Handy, das professionell aufbereitet und wiederverkauft wird, spart 48 Kilogramm CO2 ein.“
FOCUS online
Handys und andere Elektronik werden nach kurzer Nutzung zu Elektroschrott
Die Autor*in
Flora Hochrein
Flora Hochrein
Als Frankfurterin lag Flora schon immer am Herzen ihre Stadt lebenswerter zu machen. Durch ehrenamtliches Engagement und den Aufbau von städtischen Abfallvermeidungs-Projekten für die FES, setzt sie dies in die Tat um.