Umweltschutz

Wie sieht ein umweltfreundlicher (Festival-)Sommer aus?

Auch im Freizeit-Bereich hat das Thema Nachhaltigkeit Einzug gehalten. Besonders Open-Air-Veranstaltungen haben einen großen Umwelteinfluss. Das Campen auf Feldern oder an Seen macht zwar Spaß, doch Veranstaltungen ohne Entsorgungs- und Nachhaltigkeitskonzept hinterlassen meist zugemüllte Naturfläche, eine schlechte Ökobilanz und frustrierte Nachbarschaften. Wir erklären, wie der Event-Sommer umweltfreundlich genossen werden kann und welche „grünen“ Veranstaltungstrends es gibt.

Die Festivalsaison ist im vollen Gange, allein in Deutschland macht die Veranstaltungsbranche jährlich etwa 400 Millionen Euro Umsatz. Dabei verursacht sie allerdings auch einen enormen CO2-Ausstoß. Neben diesen Emissionen und einem hohen Wasserverbrauch durch die Versorgung auf dem Veranstaltungsgelände ist das Abfallaufkommen exorbitant. An vorderster Stelle sind hierbei zurückgelassene Zelte zu nennen, aber auch Getränkebecher, Klappstühle und Flaschen. So zählte beispielsweise das Musikfestival Rock im Park im Jahr 2019 ca. 300 Tonnen Abfall.

Der bedeutsamste Umwelteinfluss von Festivals ist allerdings dem Transport der Besucher*innen zuzuschreiben. Individuelle An- und Abreisen mit dem Auto erzeugen treibhausgasreiche Emissionen. Diese sind, auf einige hunderttausende Besucher*innen gerechnet, natürlich stark umweltbelastend. Angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre im Hinblick auf gesteigertes Umweltbewusstsein, aber auch im Nachgang zur Covid-19-Pandemie, ist das Bewusstsein geschärft und Veranstalter*innen suchen mit „Green Events“ und anderen Konzepten neue Wege.

Veranstaltungstrend: Green Events

Als ein Pionier im Hinblick auf umweltschonende Veranstaltungen kann das Burning Man Festival in den USA genannt werden. Dieses hält bereits seit den 80er Jahren an dem Prinzip fest, keine Spuren am Veranstaltungsort zu hinterlassen. Dieses Jahr findet es zum 34. Mal im August und September 2022 in der Black-Rock-Wüste in den USA statt.

Andere Festivals schließen sich den Bemühungen an und bieten schon beim Ticketkauf eine Kohlenstoffausgleichszahlung an, wobei das Geld dann in die Umstellung auf erneuerbare Energien fließt (zum Beispiel durch die Anschaffung von Solarzellen zum Kochen anstelle von Kohleöfen im Globalen Süden). Dies sowie das Angebot, während des Festivals gemeinsam Bäume zu pflanzen, wurde bei dem Splendour in the grass Festival im Juli 2022 in Australien umgesetzt und fußt sicherlich ebenfalls auf einem gestärkten Umweltbewusstsein der Branche.

Auch in Europa werden Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Veranstaltungsbereich ernst genommen. So waren beim NorthsideFestival im Juni in Dänemark „Müll-Diener*innen“ im Einsatz, die Abfall und Zigarettenstummel entsorgten. Dabei informierten sie über die sortenreine Mülltrennung und verteilen Abfallsäcke. In Paris zeigte das We Love GreenFestival mit innovativen, ökologischen Toiletten, dass ein Hygienekonzept auch ohne siffige Chemieklos funktioniert; Lebensmittelreste wurden regelkonform kompostiert. Das Green ManFestival in Wales, das im August stattfindet, macht Schluss mit Einwegplastik und verbietet es gänzlich. Vorreiter dafür ist das fortschrittliche St. Gallen Open Air, das viele Maßnahmen eingeführt hat, die zu einem stärkeren Umweltschutz beitragen sollen und somit auch den Titel des ersten klimaneutralen Open-Air-Events der Schweiz trägt.

Welche Ansätze gibt im Bereich nachhaltige Veranstaltungen noch?

Die genannten Festivals haben einen Veränderungsbedarf erkannt und verstanden. Der Ideenreichtum reicht von Wasserstationen zum Selbstbefüllen, um weniger Plastik-Flaschen zu verbrauchen, über den Pfand auf Getränke- und Essensbehältnisse bis hin zu Flyerverboten, dem Einsatz von Ökostrom, der Einführung von einfacher Mülltrennung und dem Maßstab, dass textile Merchandise-Produkte ausschließlich aus Bio-Baumwolle bestehen dürfen.

Des Weiteren gibt es diverse Angebote, die den Transport und die Mobilität von Besucher*innen nachhaltiger gestalten wollen und sie zu bündeln versuchen, indem Shuttlebusse oder ermäßigte Zugtickets bereitgestellt werden. Auch der Pfand auf Behältnisse, der erst bei Abreise zurückgezahlt wird, erhöht das Bewusstsein und steuert der zügellosen Vermüllung durch Einweg-Behältnisse entgegen.

Weitere Lösungsansätze, um einen umweltfreundlichen und nachhaltigen Festivalsommer so richtig genießen zu können, finden sich im verstärkten oder sogar alleinigen Angebot von fleischfreien sowie vegetarischen Alternativen. Für Menschen, denen das nicht genug ist, gibt es bei verschiedenen Festivals sogar einen „Green Camping“-Bereich, der sich u. a. durch ein ausgeklügeltes Abfallsystem auszeichnet. Der Verleih von Campingausrüstung vor Ort kann ebenfalls negative Umweltauswirkungen minimieren.

Auch soziale Auswirkungen sind nicht zu vernachlässigen, wenn wir Nachhaltigkeit als ganzheitlichen Ansatz ernst nehmen. Ob Spenden für wohltätige Zwecke oder Barrierefreiheit auf dem Festivalgelände – wer sich künftig nicht um Nachhaltigkeitsbelange kümmert, den wird die Konkurrrenz abhängen.

Gibt es Kritik an „grünen“ Festivals?

Wie in allen Bereichen, die sich erst seit Kurzem intensiver mit Nachhaltigkeit beschäftigen, gibt es auch im Veranstaltungsbereich die Gefahr, dass Besucher*innen auf Greenwashing hereinfallen. Ein Festival, das sich mit Umweltschutz und nachhaltigen Maßnahmen rühmt, parallel aber Sponsoring-Gelder von umweltschädigenden Branchen annimmt, verliert an Glaubwürdigkeit. So steht auch das beliebte Tomorrowland Festival in der Kritik. Dieses hatte laut Tagesschau 2018 noch 1.217 Tonnen Abfall produziert. Diesen negativen Auswirkungen begegnete das Organisationsteam mit einfacher Mülltrennung, der Ausgabe von Recycling-Kits für Camper*innen sowie der Wiederverwendung von Zelten. Das traditionelle Feuerwerk bleibt allerdings bis heute bestehen und gefährdet so Vögel und andere Tiere im Umkreis. Durch die Lärmbelästigung werden Tiere aus dem Naturschutzgebiet verdrängt. Außerdem werden Getränke weiterhin in Einweg-Plastik angeboten ...

Keine Lust auf Festivals, aber auf Sommer pur?

In vielen Städten werden vor allem im Sommer lokale Workshops und Infoveranstaltungen mit einem Fokus auf Umwelt und Nachhaltigkeit angeboten. Auch privat gibt es diverse Aktivitäten, die umwelt- und mitunter sogar geldbeutelfreundlich umzusetzen sind. Die Ideen reichen hier von einem Zero-Waste-Picknick mit Freund*innen im Park über das Sterneschauen außerhalb der Stadt oder in Nationalparks hin zu Radtouren oder Wanderungen. Ebenfalls kann auf Wanderungen heimisches Saatgut verteilt oder herumliegender Abfall aufgesammelt werden. Für die Beschäftigung zuhause bietet sich eine bienenfreundliche Balkonbepflanzung an oder das Engagement in lokalen Umweltschutzorganisationen. Für Teenager gibt es sogar Umweltcamps mit prallem Workshop-Programm und Natur pur.

In unserem Artikel zu Abfallentsorgung auf Volksfesten und Zero Waste Camping lesen Sie mehr dazu.

Lese-Tipp:

„Die Festivalsaison ist im vollen Gange, allein in Deutschland macht die Veranstaltungsbranche jährlich etwa 400 Millionen Euro Umsatz, verursacht dabei allerdings auch einen enormen CO2-Ausstoß.“
Die Autor*in
Flora Matani
Flora Matani
‚Nomen est omen' oder ‚Der Name ist Programm'. Flora beschäftigt sich seit einigen Jahren mit verschiedenen Themen rund um Nachhaltigkeit. Umgeben von Zimmerpflanzen oder auf ihrem Balkongarten, beschäftigt sie sich mit Tierschutz, fairer Mode oder veganer Ernährung. Für die FES betreut sie nachhaltige Projekte und berät Kunden im Rahmen der Abfallvermeidung. Zudem schreibt Sie redaktionelle Beiträge für den reCYClist.