Kunststoff aus Mais – eine fragwürdige Lösung

Glossar

Was ist eigentlich "Bioplastik"?

Im Begriff Bioplastik wachsen zwei Worte zusammen, die augenscheinlich nicht zusammengehören. Kann ein Kunststoff „bio“, also nachhaltig sein? Und wenn ja, warum wird Bioplastik nicht viel häufiger eingesetzt? Die Antwort könnte lauten wie ein Facebook-Beziehungsstatus: Es ist kompliziert.

Zunächst ist eines wichtig zu wissen: Bioplastik ist ein Sammelbegriff, der keineswegs immer dasselbe meint. Die meisten Menschen würden sich darunter vermutlich ein Material vorstellen, das die Eigenschaften von Kunststoff hat (z. B. für Einkaufstüten), gleichzeitig aber aus nachhaltigen Rohstoffen besteht, die rückstandslos abbaubar sind. Also ohne dabei Mikroplastik-Partikel in Böden oder Gewässern zu hinterlassen. Der WWF definiert das Ganze genauer: Demnach müssen Biokunststoffe biologisch abbaubar sein und/oder aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Klingt prima. Ein paar Haken hat die Sache aber dennoch.

Nicht alle sind gleich gut: Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen

Beim Thema "nachwachsende Rohstoffe" lohnt es sich, genauer hinzusehen. Denn wo Pflanzen wie Mais oder Hanf als Rohstoffe für Materialien angebaut werden, steht der Boden nicht mehr für die Nahrungsmittelerzeugung zur Verfügung. Angesichts der Nahrungsmittelknappheit in mehr als 50 Ländern der Erde keine Lappalie. Zudem verbraucht der Anbau Wasser und benötigt Pestizide. Empfehlenswert sind hingegen Materialien, die aus Lignin hergestellt werden, einem Nebenprodukt der Holzproduktion. So wird etwa der #MainBecher als umweltfreundlicher ToGo-Becher in Frankfurt zu überwiegenden Teilen aus diesem Biopolymer gerfertigt. Das Material wird hier auch nicht mit anderen Kunststoffen gemischt – sonst eine beliebte Vorgehensweise, um die erwünschten Produkteigenschaften zu erlangen.

Kaum nachhaltig: Bioplastik aus fossilen Rohstoffen

Es ist tatsächlich möglich: Erdölbasierter Kunststoff kann unter bestimmten Bedingungen biologisch abbaubar sein. Dennoch gilt hier, was grundsätzlich für fossile Rohstoffe gilt – sie sind begrenzt und vergrößern den CO2-Fußabdruck. Richtig problematisch wird es allerdings, wenn es um die Entsorgung von Bioplastik geht.

Ist Bioplastik kompostierbar?

Es gibt ein großes Missverständnis im Zusammenhang mit Biokunststoffen: Dass sie einfach so verrotten können, als wären sie Kartoffelschalen. Das liegt zum einen daran, dass „biologisch abbaubar“ mit „kompostierbar“ verwechselt wird. Zum anderen bedeutet selbst die Aufschrift „kompostierbar“ NICHT, dass Biokunststoff in der Natur, auf dem Komposthaufen oder in der Biotonne landen darf. Warum ist das so?

Punkt 1: Bioplastik kann Schadstoffe enthalten. Eine Studie der Universität Frankfurt dokumentiert umweltschädliche Chemikalien in drei Viertel der untersuchten Biokunststoff-Artikel. Punkt 2: Auch kompostierbarer Kunststoff verrottet sehr langsam. So kann es tatsächlich Jahre dauern, bis etwa ein Hundekotbeutel aus Bioplastik im Gebüsch zerfällt. Kompostanlagen sind auf solche langwierigen Prozesse nicht ausgelegt. Hier wird das Material zum Störstoff, der aussortiert werden muss, damit er die Qualität des Komposts nicht beeinträchtigt. Doch auch in der gelben Tonne für Verpackungen ist Bioplastik nicht gut aufgehoben, da es das Kunststoff-Recycling stören kann. So bleibt für das vermeintlich ökologische Material am Ende nur die Restmülltonne.

Fazit:

Bioplastik ist grundsätzlich eine gute Idee. Verbraucher sollten sich jedoch genau informieren, aus was das Produkt tatsächlich besteht. Die Haltbarkeit und Qualität von Produkten aus Biokunststoff lässt sich nicht unbedingt mit der von konventionellem Kunststoff vergleichen, so dass das Material vor allem kurzlebige Produkte sinnvoll ersetzen kann. Ob erdölbasiert oder aus nachwachsenden Rohstoffen oder beides – Biokunststoff ist nicht automatisch empfehlenswert. Das zeigt sich vor allem bei seiner Entsorgung. Keinesfalls darf Bioplastik in Biotonne oder Natur landen, da eine Belastung mit Schadstoffen und/oder Mikroplastik möglich ist. Auch in Bezug auf die Weltmeere bringt Bioplastik keine Verbesserung – hier kann es für die gleiche dauerhafte gefährliche Verschmutzung sorgen wie konventioneller Kunststoff.

„Bioplastik ist ökologisch zumindest zweifelhaft. Das zeigt sich vor allem bei seiner Entsorgung.“
Die Autor*in
Heidi Schmitt
Heidi Schmitt
Egal, ob mit ihrem italienischen Hund Panini oder als leidenschaftliche Läuferin: Heidi ist fast immer zu Fuß unterwegs. Die wilde Vermüllung von Grünflächen in ihrer Wahlheimat Frankfurt macht ihr dabei sehr zu schaffen. Mit alltäglichen Clean-up-Aktionen und der Tastatur hält die Bloggerin und Autorin dagegen. Ihr besonderes Interesse gilt außerdem innovativen Recyclingmethoden und verstecktem Elektroschrott in Dingen des Alltags.