Reparieren statt neu kaufen – ein altes Rennrad wird repariert

Reparatur

Reparieren als Trend? Einblicke in unsere Reparatur-Kultur – von Wien bis Frankfurt am Main

Die europäische Reparatur-Kultur ist ausbaufähig. Denn ob neuer Computer oder ein schnittiges Fahrrad – der Ressourcenverbrauch pro Kopf steigt. Andererseits wird Reparieren beliebter und schont das Klima. Wie stehen wir da im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarländern? Wir geben Ihnen Einblicke vom Reparaturbon über einen Reparaturführer und mehr.

Die gute Nachricht zuerst: In Europa wird bald mehr repariert. Denn seit Kurzem gelten strengere Regeln für das Reparieren von Elektrogeräten. Die sogenannte „EU-Ökodesign-Richtlinie“ sieht vor, dass Ersatzteile beispielsweise von Waschmaschinen weitere 10 Jahre nach dem Kauf noch lieferbar sein müssen. Zudem müssen Hersteller dafür sorgen, dass Ersatzteile mit „normalen“ Werkzeugen ausgetauscht werden und sich Verbraucher*innen „nicht-sicherheitsrelevante“ Ersatzteile selbst beschaffen können. Die Liste geht noch weiter.

Ressourcenverbrauch pro Kopf steigt EU-weit

Als Manko wird kritisiert, dass gerade kurzlebige Geräte wie Smartphones von der neuen Richtlinie ausgeschlossen sind – doch auch das soll demnächst geändert werden.

Soweit die Theorie. In der Realität verbraucht jede*r von uns jährlich 16 Tonnen Werkstoffe (pro Person innerhalb der EU). Fast ein Drittel davon landet am Ende als Abfall beim Entsorger. Von Kreislaufwirtschaft oder Reparatur-Kultur kann bei diesen Mengen keine Rede sein. Vor allem vor dem Hintergrund unseres wachsenden Rohstoffhungers bei immer kürzerer Lebensdauer.

Einblicke in die europäische Reparatur-Kultur

Schauen wir auf unsere europäischen Freund*innen, wird das Verbesserungspotenzial schnell klar:

  • In Schweden zahlen Bürger*innen nur noch die Hälfte der Mehrwertsteuer auf das Reparieren von Schuhen, Kleidung, Haushaltsgeräten und Fahrrädern.
  • Reparaturen für Elektro-Großgeräte dürfen von Handwerker*innen dort um 50 % der tatsächlichen Kosten günstiger angeboten werden. Der Staat zahlt die Differenz.
  • In der österreichischen Hauptstadt Wien gibt es den „Reparaturbon“. Damit können gebrauchte Geräte mit bis zu 100 Euro Ersparnis repariert werden.
  • Frankreich wiederum vergibt mithilfe des Reparatur-Index ein aussagekräftiges Label für Smartphones, Laptops, Waschmaschinen und mehr. Anhand eines Punktestands zwischen 0 und 10 sehen Verbraucher*innen, wie gut die Geräte reparierbar sind.

Reparieren hilft nicht nur dem Klima

Solch mutige Anreizsysteme fehlen in Deutschland. Dabei sparen wir laut FOCUS Online bei jeder Reparatur bis zu 24 Kilogramm CO2. Zum Vergleich: Diese Menge entspricht 120 Suchmaschinenanfragen oder dem jährlichen Kohlenstoffdioxidverbrauch von drei Deutschen (Stand 2019).

Reparieren ist also ein wichtiges Mittel für Umwelt- und Klimaschutz. Zudem reparieren meistens lokal ansässige Unternehmen, wie der „Runde Tisch Reparatur“ zu Recht bemerkt. Reparieren hilft also nicht nur dem Klima, sondern ist ebenso Wirtschaftsförderung.

Alter Computer oder demoliertes Fahrrad – wo wird in Frankfurt repariert?

Schauen wir nach Frankfurt am Main: FES Frankfurt kümmert sich als Entsorgungsunternehmen um eine saubere Stadt und die Wiederverwendung „alter“ Gegenstände. Als praktische Handreichung hat das Unternehmen einen digitalen Reparaturführer initiiert. Hier finden all diejenigen Abhilfe, die lieb gewonnene Gegenstände und Besitztümer reparieren lassen möchten, Neues lieber gebraucht kaufen oder auf der Suche nach Ersatzteilen sind.

Reparaturführer Frankfurt hilft

Eine Suchfunktion bietet über 30 Produktbereiche – von Hüten über Musikinstrumente, TV, Computer bis hin zu Haushaltsgeräten. Auch Verleih-, Secondhand-, Demontage- und Verwertungsanbieter sind im Reparaturführer einfach auffindbar. Neben spezifischen Suchbegriffen können Nutzer*innen nach Branche und Leistungsbedarf sortieren und finden die Anbietenden auf einer Frankfurt-Karte.

Wer seinen Handwerker oder seine Handwerkerin des Vertrauens vergeblich sucht, kann den Reparaturbetrieb zudem kostenfrei in den Reparaturführer eintragen.

Zum Reparaturführer

Quellen: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland c/o Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V., EU Kommission, 2011: „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“, Runder Tisch Reparatur, Deutschlandfunk Nova, Statista

„Jährlich verbraucht jede*r EU-Bürger*in rund 16 Tonnen Werkstoffe. Fast ein Drittel davon landet am Ende als Abfall beim Entsorger.“
Die Autor*in
Marlene Haas
Marlene Haas
Als Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens "Lust auf besser leben" und Nachhaltigkeitkeitsaktivistin schlägt Marlenes Herz für alle Themen rund um Zero Waste, Klimaschutz und Circular Economy. Die Frankfurterin tüftelt am liebsten an neuen Ideen, die andere für nicht machbar halten, oder schreibt für RECYCLIST. Ansonsten cruist sie mit ihrem Sohn im Gepäck auf dem Cargobike durch die Region oder bemüht sich um einen grünen Daumen an ihren Hopfenpflanzen.