Abfallentsorgung

Das erfolgreiche (?) Abfall-Entsorgungssystem in Südkorea

In Deutschlands Haushalten gibt es für vier Abfallarten eine eigene Mülltonne: Bio, Restabfall, Verpackungen und Altpapier. Bürger*innen haben durch dieses Trennungssystem die Möglichkeit, ihren Abfall fachgerecht und umweltfreundlich zu trennen, um hinterher Ressourcen zu schonen. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Wie sieht das in anderen Ländern aus?

Mit Hilfe des Welt-Abfall-Index wurde bezüglich der Abfallwirtschaft einzelner Ländern ermittelt, welches Land den meisten Abfall pro Einwohner*in produziert. Die ersten Plätze belegen die Vereinigten Staaten, die Türkei sowie Lettland. Das kann vor allem daran liegen, dass diese Länder kein striktes und geregeltes Abfall- bzw. Trennungssystem vorweisen können.

Andere Länder dagegen legen sehr viel Wert auf die richtige Entsorgung und Verwertung der täglichen Abfälle. Hierzu zählt vor allem Südkorea. Mit Hilfe welcher Regeln und Trennungssysteme dieses Land es geschafft hat, seinen Anteil an Lebensmittelabfällen zu verringern, zeigen wir Ihnen in einem Interview mit Menschen vor Ort.

Ein Vorreiter? Das Abfallsystem in Südkorea

Südkorea hatte noch bis vor einigen Jahren ein hohes Abfallaufkommen mit geringem Recyclinganteil. So wurden im Jahr 2005 nur rund 2 % der Lebensmittelabfälle wiederverwertet. Das sieht derzeit anders aus: Heute reycelt das Land durch ein strenges und striktes Abfallentsorgungssystem 95 % der Lebensmittel- und anderen Abfälle.

Zum Vergleich: Im Jahr 2019 konnten in Deutschland laut Statista 100 % der Elektroaltgeräte sowie des angefallenen Glasabfalls recycelt werden. Die anderen Abfallarten (Hausmüll, Verbund, Sperrmüll) einbezogen, sind es jedoch im selben Jahr „nur“ 70 Prozent der aufgenommenen Abfälle, die recycelt werden.

In Korea spielen vor allem Trennungssysteme jeglicher Art in Wohnanlagen und in allen Stadtteilen eine große Rolle. Außerdem wird beispielsweise falsche Entsorgung mit einem Bußgeld belegt. Denn in Korea muss der Abfall richtig getrennt werden. Ob dies geschieht, wird vor allem in größeren Wohnanlagen sehr streng kontrolliert. Wenn jemand bei Zuwiderhandlungen erwischt wird, bekommt er oder sie eine gesetzliche Strafe.

Wie das in der Realität abläuft, erklärt uns Rebecca Schön* im Interview. Rebecca lebt seit Juni 2020 in Korea. Nachdem sie ihren koreanischen Mann 2015 im Ausland kennenlernte, lebten sie jedes Jahr zusammen in einem anderen Land (Schottland, Südkorea, Neuseeland, Irland). Nach einiger Zeit wurden sie des Reisens überdrüssig und schmiedeten Pläne, sich niederzulassen: „Wir hatten eine lange Diskussion darüber, ob wir nach Deutschland oder Korea gehen. Wir haben uns dann darauf geeinigt, erst einmal in Korea zu leben.“

In Korea gibt es ein vorgeschriebenes Recycling-System. Wie läuft das ab und welche Mülltrennung gibt es?

„Die Vorgaben zur Mülltrennung variieren hier von Stadt zu Stadt, Haus zu Haus, Stadtgebiet zu Stadtgebiet. Appartements – Gebäude mit um die 20 Stockwerken – haben normalerweise einige Container im Innenhof, in denen jede Art von Müll getrennt wird. Villas – kleinere Mietshäuser – trennen nur Biomüll, Plastik-/Restmüll und alles Recycelbare wie Pappe, Papier, Plastikcontainer, Flaschen etc. Manche Häuser haben einen Container vor der Tür, der den Biomüll wiegt und dementsprechend eine Rechnung ausstellt. Andere Häuser hingegen müssen Plastiktüten für Biomüll kaufen, so wie ich. In diese gehören allerdings kein Fisch, Fleisch, Knochen, Schalen, Teebeutel, Pflanzen oder Obstkerne. Das muss alles im Plastik-/Restmüll entsorgt werden."

Ist es einfach, den Müll nach diesen „Regeln“ bzw. Vorgaben zu trennen?

„Ich persönlich finde es nicht einfach, weil die Vorgehensweisen hier so sehr variieren. Jede*r, mit der/dem ich in Korea über das Thema Mülltrennung gesprochen habe, trennt den Müll anders, als ich es in meinem Gebäude muss. Wenn man umzieht, selbst innerhalb desselben Stadtteils, muss man sich neu informieren, wie der Müll zu trennen ist.“

Welche Maßnahmen oder Folgen treten auf, wenn man den Müll nicht richtig trennt? Ist Ihnen das schon mal passiert?

„Das ist mir noch nicht passiert. Doch es droht eine Geldstrafe um 100.000 Won beim ersten Vergehen, bei jedem weiteren steigt das Bußgeld um 100.000 Won.“

(Anm. d. R.: Das entspricht ca. 74 Euro.)

Helfen überteuerte Mülltüten wirklich dabei, weniger Müll zu produzieren?

„Ich glaube nicht, dass Mülltüten hier als überteuert angesehen werden (eine 1-l-Tüte für Plastikmüll kostet nur 500 Won). Und die meisten Koreaner*innen achten definitiv nicht darauf, wie viel Müll sie produzieren. Koreaner*innen bestellen viel online, darunter auch mehrmals die Woche Essen. Das wird alles in Plastiktüten oder Plastikcontainer eingewickelt und mit einem Plastikfilm zugeklebt oder verschweißt. Koreaner*innen lieben ‚Take out‘-Kaffee, haben aber selten einen Tumbler und bitten oft um eine Plastiktüte, damit das Tragen des Kaffees angenehmer ist. Ich habe bisher noch keine*n Koreaner*in gesehen, der oder die den ‚Iced Coffee‘ ohne Plastikstrohhalm getrunken hat – und ‚Iced Americano‘ ist der absolute Lieblingskaffee hier.“

Der Vergleich: Die Mülltrennung in Deutschland und in Korea – was finden Sie besser?

„Ich bevorzuge die Abfalltrennung in Deutschland, da sie einheitlicher ist und es mir dadurch leichterfällt, meine eigenen Abfälle zu entsorgen. Dass die Vorgaben zur Mülltrennung in Korea in jedem Stadtteil, jedem Haus und jeder Stadt verschieden sind, verkompliziert das Ganze nur.“

Rebecca, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch.

*Nachname geändert

„In Südkorea werden 95 % der Lebensmittelabfälle und anderen Abfälle recycelt.“
Die Autor*in
Jil Zitnik
Jil Zitnik
Schon als Kind war Jils große Leidenschaft die Literatur. Aus diesem Grund entschied sie sich nach ihrem Abitur Germanistik an der Goethe Universität in Frankfurt zu studieren. Neben ihrem Studium ist sie als Werkstudentin bei der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH im Bereich Marketing tätig und schreibt für RECYCLIST. In ihrer Freizeit sitzt Jil häufig vor ihrem Laptop und verfasst Texte oder sie spaziert mit ihrem Hund durch Frankfurt und versucht währenddessen die Stadt weiterhin sauber zu halten.