Die Organisation Mudfish No Plastik macht mithilfe eines Fisches Bildungsarbeit mit Kindern auf Bali.

Abfallentsorgung

Abfallalltag auf Bali: Paradies in (Plastik-)Gefahr

Palmen, satte grüne Reisfelder, Strand mit Surfwellen und Sonnenuntergänge wie aus dem Bilderbuch: Bali ist für die meisten Menschen ein Urlaubsparadies. Doch Herausforderungen im Abfallsystem gefährden die Grundlagen des Tourismusmagneten. Wie sieht der Abfallalltag auf der Insel der Götter aus?

Indonesien gehört gemäß Welt-Abfall-Index zwar nicht zu den Ländern, die den meisten Abfall pro Einwohner*in produzieren (die ersten Plätze belegen Dänemark, die Vereinigten Staaten sowie Luxemburg). Doch mit seinen über 274 Millionen Einwohner*innen ist Indonesien der viertbevölkerungsreichste Staat der Welt – und viele Menschen produzieren viel Müll. Auf Bali ist der Abfall nicht nur in den Wäldern und Flüssen sichtbar, sondern auch das Meeresplastik wird täglich an die Traumstrände angespült. Fotos von Mantarochen inmitten von Plastikmüll gehen um die Welt. Die indonesische Regierung hat sich verpflichtet, bis 2025 den Plastikmüll im Land um 70 Prozent zu reduzieren. Wie der Status quo auf Bali in Bezug auf Abfallmanagement aussieht, erzählt uns Mora Prima Siregar von der Umweltorganisation „Mudfish No Plastic“ im Interview.

Auf Bali gibt es eigentlich ein Recycling-System. Wie läuft das ab und welche Mülltrennung gibt es?

„Es ist staatlich vorgegeben, dass Müll getrennt werden muss und dass die Müllabfuhr die Abholung bei den Haushalten organisiert, doch das System funktioniert leider nicht zuverlässig. Der größte Teil des abgeholten Abfalls landet auf Deponien, von denen Müllpicker*innen in erbärmlichen Zuständen wertvolle Rohstoffe sammeln und verkaufen. Alternativ wird der Müll oft illegal als Füllmaterial für Baustellen genutzt, da Erde sehr teuer ist. Doch viele Haushalte geben ihren Müll nicht mal zur Müllabfuhr. Zum einen kostet die Abholung Geld, da es kein steuerfinanziertes System gibt, und zum anderen kommt sie zu unregelmäßig. Viele Haushalte entscheiden deshalb, ihren Müll einfach hinter dem Haus zu verbrennen. Dabei wird alles verbrannt – organischer Abfall zusammen mit Batterien, Plastikflaschen und Reifen. Der Geruch ist allgegenwärtig.“


Und wenn ich Müll trennen möchte? Welche Optionen habe ich?

„Es gibt private Organisationen wie ecoBali, die man für Recycling bezahlen kann. Recycling bleibt somit Privilegierten und zahlungskräftigen Haushalten vorbehalten. Die Organisation bringt geeignete Trennungssysteme vorbei und erklärt, welche Rohstoffe in welchen Behälter dürfen. Dafür bezahlt man monatlich in einem Abosystem mindestens 130.000 IDR (Anm. der Redaktion, das entspricht ca. 7 Euro), je nach Menge, aber sie holen auch nur saubere und wertvolle Rohstoffe wie gesäubertes Plastik und Papier ab. Der Restmüll kann nach wie vor nirgendwo ordnungsgemäß entsorgt werden, so dass er größtenteils verbrannt wird.“

Wird falsche Mülltrennung nicht bestraft?

„Ich habe noch nie erlebt, dass fehlende Mülltrennung oder Littering bestraft wird. Einige Dörfer versuchen, Bußgelder z. B. in Höhe von 2 Millionen IDR (Anm. d. Red., das entspricht ca. 117 Euro) zu verhängen, aber meist wirkungslos. Das Wegwerfen ist noch fest in der Kultur und im Lebensstil verankert. Bis vor ein paar Jahren wurde das Essen in Bananenblätter verpackt, die problemlos weggeworfen werden konnten. Heute sind Snacks und kleine Pulvereinheiten in günstigem Plastik verpackt. Insbesondere die allgegenwärtigen Sachets, die aus verschiedenen nicht trennbaren Kunststoffschichten bestehen, werden achtlos weggeworfen wie Bananenblätter.“

Was würde helfen, das Müllproblem auf Bali in den Griff zu bekommen?

„Das staatliche Abfallsystem müsste modernisiert und funktionsfähig gestaltet werden. Doch darauf können wir nicht warten. Deshalb investieren wir in Bildung und Aufklärung. Wir arbeiten insbesondere mit Schulen und Gemeinden zusammen. Die Kinder lernen spielerisch, welche Auswirkungen ihr Konsum und ihr eigenes Müllverhalten auf die Umwelt und ihre eigene Gesundheit hat. Aber damit eine Veränderung wirklich funktioniert, nehmen wir auch Eltern und Lehrer*innen mit, die den Rahmen für Reduktion und Verhaltensänderung setzen.“

Was kommt bei den Kindern besonders gut an, damit sie sich für Müllreduktion einsetzen?

„Unsere Bildungsprogramme sind so einfach gestaltet, dass alle sie verstehen und Spaß mit uns haben. Wir singen und tanzen gemeinsam – gerade Tanz hat einen hohen Stellenwert in der balinesischen Kultur. Mit einem riesigen Fisch als Abfallbehälter machen wir gemeinsame Säuberungsaktionen am Strand und erklären ihnen, dass wir in einer endlosen Reinigungsschleife steckenbleiben, wenn wir unseren Konsum nicht reduzieren. Das verstehen die Kinder und benutzen dann gerne die wiederverwendbaren Flaschen und Stofftaschen, die wir ihnen schenken.“


Was empfiehlst du deutschen Tourist*innen auf Bali?

„Ausländische Gäste genießen ein hohes Ansehen auf Bali. Fragen Sie Ihre Gastgeber*innen, wie sie Müll reduzieren und trennen, um für das Thema zu sensibilisieren. Bringen Sie wiederbefüllbare Flaschen für Ihr Wasser mit, um auf Einwegflaschen zu verzichten. Bevorzugen Sie frisch zubereitetes Essen statt Instantnudeln aus Styroporbechern. Und spenden Sie gerne für eine der vielen tollen Umwelt- und Bildungsorganisationen, die sich für ein sauberes Bali einsetzen. So können wir unser Paradies auch in Zukunft genießen.“

Das Gespräch wurde zwischen Dr. Alexandra von Winning, Redakteurin, und Mora Prima Siregar geführt.

 

Mehr lesen:

„Bis vor ein paar Jahren wurde das Essen in Bananenblätter verpackt, die problemlos weggeworfen werden konnten. “
Mora Prima Siregar von der Umweltorganisation „Mudfish No Plastic“
Die Autor*in
Marlene Haas
Marlene Haas
Als Geschäftsführerin des gemeinnützigen Unternehmens "Lust auf besser leben" und Nachhaltigkeitkeitsaktivistin schlägt Marlenes Herz für alle Themen rund um Zero Waste, Klimaschutz und Circular Economy. Die Frankfurterin tüftelt am liebsten an neuen Ideen, die andere für nicht machbar halten, oder schreibt für RECYCLIST. Ansonsten cruist sie mit ihrem Sohn im Gepäck auf dem Cargobike durch die Region oder bemüht sich um einen grünen Daumen an ihren Hopfenpflanzen.
Müllpicker*innen sammeln Rohstoffe, die sie verkaufen können.
Teilnehmende sammeln am Strand Müll.