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Virtuelles Wasser – was Produkte wirklich verbrauchen

„Virtuelles Wasser“, auf den ersten Blick ein kurioser und abstrakter Begriff. Doch dahinter steckt eine reale Problematik – ein oft immenser Wasserverbrauch, der bei der Herstellung von Produkten entsteht. Die Crux dabei: Verbraucher*innen ahnen meist nichts davon, wie viel Wasser für die neuen Jeans, die Kaffeebohnen oder das Grillsteak benötigt wurde.

Wenn von Wasserverbrauch die Rede ist, denken die meisten Menschen ans Duschen oder Baden, den Rasensprenger oder das Autowaschen. Wir kennen Duschköpfe oder Spülkästen, die dazu beitragen, dass nicht unnötig viel Trinkwasser durch unsere Rohre rinnt. Was jedoch weniger bekannt ist: Viel mehr Wasser ließe sich sparen, würden wir beim Einkaufen den Wasserfußabdruck der einzelnen Produkte kennen. Denn unter ihnen verstecken sich echte Wassersünder.

 

Nicht digital, aber virtuell – Wassermengen, die niemand sieht

Was schätzen Sie, wie viel Wasser verbrauchen Sie am Tag? Vielleicht rechnen Sie jetzt kurz hoch – Dusche, Toilette, Kaffee, Waschmaschine, Geschirrspüler ... 70 Liter? Oder vielleicht 100? In Wahrheit haben Sie keine Chance, Ihren echten Wasserverbrauch zu überschlagen, dafür gibt es viel zu viele Dinge in Ihrem Alltag – und jedes von ihnen benötigt in seinem Produktionsprozess Wasser. Einer Schätzung zufolge sind es pro Tag 4.000 bis 5.000 Liter. Wirklich? Wirklich. Aber wie kommen solche Zahlen zustande?

 

Virtuelles Wasser: eine Definition

Das Konzept des virtuellen Wassers wurde in den 1990er Jahren von dem britischen Wissenschaftler John Anthony Allan entwickelt. Vereinfacht gesagt ist damit die Wassermenge gemeint, die während des gesamten Herstellungsprozesses eines Produktes verbraucht, verdunstet oder verschmutzt wird.

Sie setzt sich zusammen aus:

  • grünem Wasser (Regenwasser, das verdunstet oder vom Boden aufgenommen wird)
  • blauem Wasser (Wasser, das aus Gewässern oder dem Grundwasser stammt)
  • grauem Wasser (im Herstellungsprozess verschmutztes Wasser und die Wassermenge, die benötigt wird, um diese Verschmutzung wieder zu verdünnen)

Um die enormen Mengen zu verdeutlichen, die in der Herstellung eines Produktes anfallen können, wird gern das Beispiel „Rindfleisch“ genannt. Für ein Kilo Rindfleisch, so berechnet es UNESCO-IHE, das Institute of Water Education, fallen 15.400 Liter Wasser an – vor allem bedingt durch den Anbau von Futtermitteln. Ein paar Jeans schlagen demnach immer noch mit 11.000 Litern zu Buche, für die Produktion von einem Liter Orangensaft müssen Sie mit einem Verbrauch von 1.020 Litern Wasser rechnen. Ein Kilo Kartoffeln kommen dagegen mit vergleichsweise bescheidenen 255 Litern Wasser aus.

Übrigens: Auch für ganze Staaten wird der Wasserverbrauch berechnet. So entsteht ein Wasserverbrauchsindex oder auch „Water Footprint“. Der weltweite Durchschnitt liegt hier bei 1.385 m3 pro Person und Jahr, Deutschland liegt mit 1.545 m3 etwas darüber.

Warum ist der Wasserverbrauch überhaupt relevant?

Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es sinnvoll, beim Wasserverbrauch genauer hinzusehen. Denn nur ca. 2,5 % des globalen Wasservorkommens ist Süßwasser und davon ist wiederum nur ein kleiner Teil leicht zugänglich. Laut UNICEF haben 2,2 Milliarden Menschen auf der Welt keinen Zugang zu sauberem Süßwasser. Der Klimawandel verschärft das Problem durch Dürren und Fluten. Wasserressourcen erneuern sich nicht überall im gewünschten Tempo, so entsteht immer häufiger Wasserknappheit. Dabei steigt der Wasserverbrauch kontinuierlich in jedem Jahr weiter an. Das virtuelle Wasser hat einen entscheidenden Anteil daran.

Viel Wasser, wenig Wissen. Was nun?

Für uns als Verbraucher*innen ist es unmöglich, immer zu wissen, wie viel Wasser für einzelne Produkte benötigt wird. Dennoch ist es im Sinne der Nachhaltigkeit hilfreich, sich einige Prinzipien zu verdeutlichen. Da Baumwolle im Anbau etwa große Mengen Wasser verschlingt, ist es nicht verhältnismäßig, kurzlebige Produkte aus Baumwolle wie Wattepads zu benutzen. Überhaupt ist Langlebigkeit wie so oft der Schlüssel zur Ressourcenschonung.

Auch die Wasserverschmutzung kann man ohne spezielles Wissen beeinflussen. Welche Farbstoffe werden für Ihre Kleidung verwendet? Sind Ihre Jeans „stonewashed“ oder auf andere Art und Weise gewässerbelastend vorbehandelt? Das Prinzip „Regionalität & Saisonalität“ hilft ebenso, den persönlichen Wasserfußabdruck zu verringern. Verzichten Sie z. B. auf den griechischen Spargel im Winter oder afrikanische Orangen im Sommer. Mit etwas Nachdenken und bewusstem Einkauf können Sie so schon einiges für weniger Wasserverbrauch und mehr Nachhaltigkeit tun.

Ein kleiner Tipp für Leser*innen im Rhein-Main-Gebiet: Im hübschen kleinen Wasserpark im Frankfurter Norden finden Sie einen Wasserlehrpfad mit neun lehrreichen Stationen. Dort erfahren Sie unter anderem auch spannende Fakten zu virtuellem Wasser, zum Wasserkreislauf oder unserem Trinkwasser. Der Park ist auch für Kinder interessant und liebevoll gestaltet, Hunde sind nicht zugelassen.

„Für ein Kilo Rindfleisch fallen 15.400 Liter Wasser an, vor allem bedingt durch den Anbau von Futtermitteln.“
Die Autor*in
Heidi Schmitt
Heidi Schmitt
Egal, ob mit ihrem italienischen Hund Panini oder als leidenschaftliche Läuferin: Heidi ist fast immer zu Fuß unterwegs. Die wilde Vermüllung von Grünflächen in ihrer Wahlheimat Frankfurt macht ihr dabei sehr zu schaffen. Mit alltäglichen Clean-up-Aktionen und der Tastatur hält die Bloggerin und Autorin dagegen. Ihr besonderes Interesse gilt außerdem innovativen Recyclingmethoden und verstecktem Elektroschrott in Dingen des Alltags.