Vor allem praktische Aspekte sprechen für die Nutzung eines E-Readers – gerade im Urlaub spielen die kleinen, leichten Geräte ihre ganzen Vorteile gegenüber gedruckten Papierbüchern aus. Schließlich kann man nahezu unbegrenzt viele Bücher mit in die Ferien nehmen. Doch immer häufiger werben Anbieter von E-Readern auch mit der Umweltbilanz. Es heißt, das elektronische Buch sei umweltfreundlicher als das gute alte Papierbuch. Doch kann das wirklich sein? Schließlich verbraucht ein Buch aus Papier keinen Strom, zu seiner Herstellung sind weder Kunststoffe noch wertvolle Metalle nötig.
Wie umweltfreundlich ist ein Buch aus Papier?
Die meisten Bücher sind noch immer aus Frischfaserpapier hergestellt, nur rund 20 % werden mit Recyclingpapier gefertigt. Man erkennt sie an den entsprechenden Siegeln, vor allem dem Blauen Engel. Nun sind Bäume zwar nachwachsende Rohstoffe, aber die großen Mengen, die zur Papierherstellung benötigt werden, lassen sich natürlich nicht blitzschnell ersetzen. In den letzten Jahren machte immer wieder das Schreckgespenst vom Papiermangel den Weg durch die Presse. Das Umweltinstitut München hat errechnet, dass für eine Million Bücher mit 250 Seiten 12.000 Bäume gefällt werden müssen. Im Jahr 2022 erschienen in Deutschland rund 70.000 neue Bücher. Da kommt eine Menge zusammen. Jedes Buch verbraucht bei seiner Herstellung zudem 9 Liter Wasser, man veranschlagt 1,1 kg CO2-Bilanz pro Buch.
Aber es gibt auch Fakten, die für das gedruckte Buch sprechen: Es lässt sich in der Regel problemlos recyceln, hat eine lange Lebensdauer und man kann es auch gebraucht gut weiterverwenden. Man könnte hier noch weiter ins Detail gehen und individuelle Gewohnheiten hinterfragen. Zum Beispiel: Wird das Buch online oder stationär gekauft? Nutzt man dazu das Fahrrad oder das Auto? Wie viele Personen lesen das Buch? Landet es nach Gebrauch im öffentlichen Bücherschrank oder der Papiertonne? Mit der jeweils richtigen Wahl lässt sich die Ökobilanz sicher verbessern, für den großen Vergleich von E-Book und Buch lassen wir solche individuell schwer messbaren Effekte aber außen vor.
Der E-Reader: Die Herstellung trübt die CO2-Bilanz
Oft denkt man beim E-Reader an den Stromverbrauch, wenn es um die Umweltbilanz geht, doch der spielt kaum eine Rolle, insbesondere bei einem Gerät ohne Farbdisplay. Viel kritischer für die Umwelt sind die Herstellung und die damit verbundene Logistik. Das Gehäuse ist aus Kunststoff, für die Elektronik werden Metalle wie Tantal benötigt, deren Abbau oft nicht nur aus Umweltsicht, sondern auch ethisch fragwürdig ist. Das Gleiche gilt für die Umstände, in denen die Geräte gefertigt werden, etwa in China. Das Ökoinstitut Freiburg veranschlagt 8 kg CO2 für die Herstellung eines E-Readers. Andere Zahlen sprechen von einem Verbrauch von 300 Liter Wasser für ein einziges iPad (das in Sachen Umweltbilanz allerdings grundsätzlich schlechter dasteht als ein E-Reader). Auch hier wollen wir kurz auf den Buchkauf und die weitere Verwendung der Bücher blicken. Kopiergeschützte Bücher lassen sich schwer weitergeben, die „Lebensdauer“ des E-Books endet bei den Erstbesitzer*innen. Dafür ist der Kauf vergleichsweise ressourcenschonend, kein Fahrzeug muss sich dafür auf den Weg machen und auch internationale Bücher brauchen keine aufwendige Logistik. Gerade Letzteres zählt zu den Umständen, unter denen der E-Book-Reader im Vergleich zum Buch aus Papier gut abschneidet. Der wichtigste Grund dafür ist allerdings die Menge der gelesenen Bücher.
So ist die Nutzung von E-Readern im Vergleich zum Buch besonders umweltfreundlich:
- Sie lesen mehr als 30 bis 50 Bücher im Jahr
- Sie lesen gern internationale Bücher
- Sie nutzen Öko-Strom
- Ihre Elektrogeräte haben bei Ihnen eine lange Lebensdauer – auch wenn neue, modernere Modelle auf den Markt kommen
- Sie verkaufen oder verschenken ältere Geräte weiter
- Und natürlich: Sie achten auf ordnungsgemäßes Recycling von Elektrokleingeräten
Hier sind Bücher aus Papier gegenüber dem E-Reader umweltschonender:
- Sie lesen nur gelegentlich mal ein Buch
- Sie kaufen auch gebrauchte Bücher
- Sie wünschen sich Bücher gern als Geschenk
- Sie verschenken oder verkaufen gelesene Bücher häufig weiter
Einen eindeutigen Gewinner gibt es also nicht. Oder doch?
And the winner is: die Stadtbücherei
Ausleihen ist die beste Möglichkeit, Bücher zu konsumieren – zumindest, wenn es um die Umwelt geht. Das gilt sowohl für Bücher aus Papier als auch für E-Books. Die Stadtbücherei Frankfurt am Main verfügt zum Beispiel über ca. 860.000 Bücher und andere Medien, etwa 37 % davon liegen über den Onleihe-Verbund Hessen in digitaler Form vor. Die digitale Ausleihe überwindet den Nachteil, dass elektronische Medien nach der Benutzung üblicherweise nicht weitergegeben werden. Und die Bücher aus Papier können so oft gelesen werden, wie es ihr Zustand zulässt (zerlesene oder verschmutzte Bücher werden aus dem Bestand genommen). Umweltfreundlicher lässt es sich kaum lesen.
Ausblick in die Zukunft:
Nachhaltigkeit bedeutet auch, daran zu denken, dass Verlage und Autoren auf lange Sicht noch Einnahmen haben. Leser*innen sollen und dürfen auch weiterhin Bücher kaufen. Zugleich sind Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit von allen Seiten wichtig. So gibt die 2022 gegründete IG Nachhaltigkeit des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Empfehlungen zur nachhaltigen Herstellung von Büchern, um die Nachhaltigkeit des gedruckten Buchs zu verbessern und für Recyclingpapier zu werben.
E-Reader werden immer mehr erweiterte Leseerlebnisse bieten, wie eine integrierte Übersetzung, Audio- und Videoergänzungen oder Wörterbücher. Bücher werden multimedial. Wie bei allen Geräten der Unterhaltungselektronik wird es dann darauf ankommen, dass die Bauweise der E-Reader modular ist und die Geräte damit reparaturfähig werden. Auch der Einsatz von Recyclingmaterialien ist dabei wichtig. Der Anfang ist hier bei einigen Geräten schon gemacht – aber zur echten Nachhaltigkeit ist noch ein weiter Weg zu gehen.