Grünere Städte führen zu weniger Wasserstress

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Wasserknappheit in Großstädten – was können wir tun?

Insgesamt ist etwa jeder sechste Mensch auf der Erde von „Wasserproblemen“ betroffen. Wachsende Bevölkerungszahlen und sinkender Niederschlag in Folge des Klimawandels verschärfen die Wasserknappheit in Großstädten. Die Stadt Frankfurt bildet hier keine Ausnahme und hat deshalb ein Wasserkonzept aufgelegt, andere Städte entwickeln eigene Lösungsansätze wie das Ziel einer Schwammstadt.

Die Römer*innen machten es vor: Sie deckten den Wasserbedarf ihrer Großstädte über Aquädukte aus dem Umland. Auch am Römer in Frankfurt am Main kommt das Wasser aus dem Umland, genauer gesagt aus vier sogenannten Beschaffungsbereichen. 52,4 Millionen Kubikmeter Wasser wurden für die öffentliche Trinkwasserversorgung im Jahr 2020 bereitgestellt.

Trotz der vermeintlich geringen Einwohner*innenzahl wird Frankfurt tagsüber durch die vielen Berufspendelnden zur Millionenstadt. Messe, Flughafen, Universitäten und Krankenhäuser sowie die zahlreichen Hotels erhöhen den Bedarf weiterhin. Das in der Stadt benötigte Wasser stammt dabei zu 85 % aus dem natürlichen Grundwasser und zu 15 % aus aufbereitetem Flusswasser aus Main und Rhein.

Dieses Wasser ist zunächst einmal sogenanntes „Brauchwasser“, bis es durch Aufbereitung als hohen Qualitätsstandards entsprechendes „Trinkwasser“ gelten darf.

Der wachsende Ballungsraum Rhein-Main und das Verschwinden der Naturräume um die Stadt herum wirken sich auf die Quantität und Qualität des Grundwassers aus. In den Folgen des Klimawandels steigt jedoch der Wasserbedarf in der Stadt – gegenläufige Entwicklungen, auf die eine Großstadt reagieren muss.

Das Wasserkonzept in Frankfurt am Main

Das im Februar 2022 veröffentliche Wasserkonzept ist sowohl eine umfangreiche Bestandsaufnahme als auch eine Prognose bis in das Jahr 2030. Derzeit werden nur ca. 25 % des Frankfurter Trinkwassers aus Gewinnungsanlagen innerhalb des Stadtgebietes einschließlich des Stadtwaldes gewonnen. Die übrigen 75 % stammen aus den Beschaffungsgebieten Hessisches Ried, Vogelsberg, dem über 100 km entfernten Burgwald und dem Kinzigtal.

In der Prognose für 2030 wird für ein Trockenjahr ein Trinkwasserbedarf in Höhe von 62,4 Millionen Kubikmetern veranschlagt, also knapp 20 % mehr als im Jahr 2020. Doch kommt das Wasserkonzept zu dem Schluss, dass unter Berücksichtigung aller bestehenden und zukünftigen Risiken die Wasserversorgung bis ins Jahr 2030 als gesichert anzusehen ist.

Im Hinblick auf die Situation in den Beschaffungsgebieten – im Vogelsberg müssen die Gemeinden in heißen Sommern bereits Trinkwasser mit Tankwagen bereitstellen –, muss allerdings eine ganzheitliche und zukunftsfähige Lösung gefunden werden.

Dazu gehören auf technischer Ebene beispielsweise die Erschließung und der Ausbau der (Wasser-)Infrastruktur, auf organisatorischer Ebene die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Bündelung von Fachkompetenzen und Zuständigkeiten. Und auch bei uns Bürgerinnen und Bürgern besteht Handlungsbedarf, welcher mit einer Informationskampagne zum Thema Wassersparen adressiert werden soll.

Letztendlich steht ein grundlegendes Umdenken bei der Wassernutzung im Raum: Die Verwendung von aufwändig aufbereitetem Trinkwasser ist nur dann wirklich angebracht, wenn das Wasser in direkten Kontakt mit uns Menschen kommt. Für Toilettenspülungen in öffentlichen Einrichtungen oder gar privaten Haushalten sowie für die Bewässerung von Grünflächen und Bäumen kann bei entsprechender Infrastruktur auch durchaus Brauchwasser zum Einsatz kommen. Dafür müssten dann allerdings getrennte Versorgungsleitungen gelegt werden.

Ein holistischer Ansatz: Die Schwammstadt

Den Aufbau und die Gestaltung einer Stadt selbst als eine Variable zur Sicherung der Wasserversorgung zu berücksichtigen, wird in dem Ansatz der sogenannten „Schwammstadt“ (Englisch: Sponge City) deutlich.

Das Konzept geht zunächst davon aus, dass Städte durch ihren hohen Grad an Flächenversiegelungen die natürliche Wasserbilanz stören. In konventionellen Städten wird das Niederschlagswasser, also der Regen, über die vielen asphaltierten Flächen abgeleitet und über Kanäle aus der Stadt ins Umland transportiert.

Sie erkennen bereits, dass diese konventionelle Stadtplanung grundsätzlich der vorangegangen Situationsbeschreibung und einzelnen konkreten Lösungsansätzen entgegensteht.

Durch die Folgen des Klimawandels bedingte Extremwetterereignisse wie Starkregen zeigen darüber hinaus die Schwächen auf: Das Niederschlagwasser in der versiegelten Großstadt führt zu punktuell hohen Abflussmengen und so zu einer Überlastung der Kanalnetze mit Überschwemmungen als Folge.

Wird das Wasser aus der Stadt abgeleitet führt dies auch zu sogenannten urbanen Hitzeinseln. Die versiegelten Bereiche heizen sich in den heißer werdenden Sommermonaten stark auf und eine mögliche Kühlung durch verdunstendes Wasser wird verhindert, Grünflächen und Bäume müssen extra bewässert werden.

Das Konzept der Schwammstadt reagiert also direkt auf eine Reihe von Effekten, wenn das Niederschlagswasser dort versickern kann, wo es anfällt. Erreicht wird das „Aufsaugen“ des Niederschlagwassers durch die sogenannte Grüne Stadt (Englisch: Green City). Durch die Entsiegelung und Begrünung von Oberflächen wie Dächern, Fassaden und Straßenflächen wird das Regenwasser zu großen Teilen in der Stadt zurückgehalten und nicht über Kanäle abgeführt.

Viele kleine Speicherräume in Straßenzügen und auf Dachflächen führen zu einer gedrosselten Ableitung eines Teils des Niederschlages und fördern die Verdunstung, was wiederum das Stadtlima verbessert. Die Städte werden so insgesamt resilienter gegenüber den Folgen des Klimawandels.

Kann Forschung bei der Wasserkrise helfen?

In Frankfurt und Umgebung wurde als Reaktion auf das Konfliktpotenzial rund um knapper werdende Grundwasserressourcen das Verbundprojekt „WaRm“ (Wassersystemmodell Rhein-Main) entwickelt.

Dabei untersuchen insgesamt zehn Partner*innen aus Forschung, Industrie und Verwaltung unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) Maßnahmen zur Steigerung von Wasserangebot und -qualität sowie zur Wassernutzungseffizienz.

Der Fokus liegt dabei klar auf der Einbindung aller relevanten Akteur*innen in der Region. Ausgehend von einer Konfliktanalyse und einem Stakeholderdialog werden Maßnahmenoptionen erarbeitet und deren möglicher Einfluss auf Qualität und Quantität des Grundwassers modelliert. Was sich hier kompliziert anhört ist es im Übrigen auch.

Das Ziel des Projektes allerdings ist die Mühen wert: Ein Maßnahmenplan für die Region Rhein-Main. Dieser Maßnahmenplan soll konkrete, für die Akteur*innen direkt nutzbare Bewirtschaftungsoptionen mit Instrumenten und Governance-Strukturen zur Verfügung stellen. Besonders interessant dabei ist, dass die Ergebnisse wohl auf andere Regionen außerhalb des Rhein-Main-Gebiets übertragen werden können.

Der Blick über den Beckenrand in den Globalen Süden

Etwa jeder sechste Mensch auf der Erde ist von „Wasserproblemen“ betroffen – Schätzungen zufolge leben 1,2 Milliarden Menschen in ländlichen Gebieten, die unter sehr hohem Wasserstress leiden oder häufige Dürren erleiden. Die verfügbaren Süßwasserressourcen sind in den vergangenen Jahren pro Person weltweit um etwa 20 % zurückgegangen. Betroffen sind insbesondere „Entwicklungsländer“ mit ohnehin geringen Wasservorkommen im Globalen Süden.

Diese Fakten im Blick, sollten wir uns nicht zuletzt in unserem eigenen Interesse mehr Gedanken über unseren Umgang mit natürlichen Ressourcen und deren Verteilung machen.

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„Wasser ist ein Kulturträger. Und es ist unsere Quelle: Wir selbst bestehen zu über 70 Prozent aus Wasser.“
Fabrizio Plessi, ital. Künstler, geb. 1940
Die Autor*in
Lukas Glöckner
Lukas Glöckner
Lukas ist Mediengestalter und Kommunikationsmanager B.A. Er kommt aus dem Bereich "CSR" eines Familienunternehmens und arbeitet nun bei "Lust auf besser leben". Er ist im Herzen ein stets kreativer und besonnener Hands-on-Teamplayer - und schreibt für sein Leben gern. Am liebsten über neue Innovationsthemen, die er sich selbst "drauffschaffen" muss.