Der Campus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)

Zero Waste

Klimaschutz und Abfallmanagement an der Universität Kiel

In einem Gespräch mit Sebastian Starzynski, Leiter des Koordinationsbüros für Klima- und Umweltschutzprojekte, und Torsten Schulz, Leiter des Referats Infrastrukturelle FM-Dienstleistungen der Universität Kiel, wurden die Eckpfeiler des Nachhaltigkeitsmanagements der Universität Kiel besprochen.

Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) geht mit großen Schritten und gutem Beispiel voran: Bereits vor 11 Jahren sorgte eine studentische Arbeitsgruppe dafür, dass die Senkung von Emissionen und Abfällen nicht nur theoretisch in den Lehrplänen verankert wurde, sondern auch praktisch von der Universität umgesetzt wird.

Die Kernbereiche des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements beziehen sich entsprechend vornehmlich auf die Klimaneutralität der Hochschule bis 2030 sowie auf das Abfallmanagement.

Selbstverständlich steckt hinter dem Anspruch der Klimaneutralität sehr viel mehr als das Erstellen einer Klimabilanz oder das Erstellen von Handzetteln zum richtigen Mülltrennen. Insbesondere braucht es Mut, Dinge anders zu machen, passende Strukturen und sinnvolle Anreizsysteme sowie eine gute Kommunikation und Vernetzung mit den Hochschulangehörigen.

Sinnvolle Strukturen zur Erreichung von Umwelt-Zielen

In den meisten Fällen beginnt der Erfolg eines betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements auf der organisatorischen Ebene mit der Frage, wie Informationen gebündelt und Entscheidungen getroffen werden. Im Falle der CAU ist die Kanzlerin der Hochschule zugleich auch die zentrale Umweltmanagement-Beauftragte mit Weisungsbefugnis. Operationalisiert wiederum ist das Umweltmanagement als Querschnittsaufgabe im Gebäudemanagement. Im „Arbeitskreis Umweltmanagement“ sind weiterhin alle Fakultäten und Einrichtungen vertreten.

Das EMAS-Umweltmanagementsystem bildet dabei den Bezugsrahmen, in welchem Kennzahlen berichtet und in einem dreijährigen Rhythmus auch Ziele definiert werden. Studierende sind in einem Arbeitskreis vertreten und es findet eine intensive Zusammenarbeit mit der Studierendenvertretung AStA statt. In Zukunft soll ein Green Office die Aktivitäten der Studierenden bündeln und konkretisieren.

Klik: Das Klimakonzept 2030

Das Klimakonzept 2030 bündelt alle Maßnahmen zum sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Darunter verbucht die Universität sowohl die Optimierung des Energiebedarfs und des Mobilitätsaufkommens als auch die Förderung von Biodiversität und Abfallvermeidung. Dabei versteht die Universität bereits, worauf es ankommt: Die Erhebung und insbesondere Verringerung von Emissionen werden als fortlaufende Aufgaben verstanden.

Bisher blickt die CAU auf eine gute Datenlage für Kennzahlen aus Energieverbrauch und Mobilität, perspektivisch sollen dann alle wesentlichen Geschäftsprozesse in einer Bilanz abgebildet werden.

Da Emissionen nicht komplett vermieden werden können, stellt sich perspektivisch auch die Frage, wie die Universität, die nicht vermeidbaren Emissionen kompensieren wird – werden beispielsweise Investitionen in regionale oder internationale Klimaschutzprojekte getätigt? Und um die Schwierigkeiten in Bezug auf Klimaneutralität und das fortlaufende Nachhaltigkeitsmanagement weiter zu verdeutlichen: Die Universität ist Teil der kommunalen Wärmeversorgung, also abhängig vom städtischen Energieversorger. Auch Dienstreisen des Lehrpersonals mit Flugzeugen wird es in Zukunft noch geben.

Besonders interessant: Wenn Studierende aufgrund steigender Mieten aus der Stadt hinaus auf das Land ziehen müssen, können sie auch nicht mehr zur Universität laufen oder mit dem Fahrrad fahren. Die von der Universität nicht beeinflussbare Entwicklung von Wohnraumangebot und Mietpreisen hat also auch einen direkten Einfluss auf die Klimabilanz der Institution. Die Universität reagiert darauf bereits, indem Flächen für den Bau von Studierendenwohnheimen bereitgestellt werden.

Durch das Wachstum der Universität sind zwar die Gesamtemissionen gestiegen, die pro Kopf Emissionen oder auch die Emissionen pro Quadratmeter allerdings gesunken: Die Universität wird effizienter. Die bisher getätigten Maßnahmen und Verhaltensänderungen bei Hochschulangehörigen haben also bereits zu positiven Effekten geführt. Dabei werden bereits durch niederschwellige Verhaltensänderungen und Maßnahmen sichtbare Effekte erzielt, wie beispielsweise durch den Verzicht auf den Stand-by-Modus von Forschungsgeräten.

Abfallmanagement: Auf eigene Faust

Seit einigen Jahren setzt die Universität ihr eigenes Abfallmanagement getrennt von der kommunalen Verwaltung um. Dabei werden 21 sogenannten Fraktionen voneinander getrennt gesammelt und entsorgt. Der gesamte Gewerbeabfall wird in eine Sortieranlage geliefert und dort nochmals durch verschiedene Verfahren getrennt und auch händisch aussortiert.

Dazu hat die Universität die Verantwortung für die Abfallentsorgung auf ihre Schultern genommen, inklusive komplexer Haftungsfragen und im Angesicht der Gefahr, ein Bürokratiemonster zu erschaffen. Doch findet sich im Fachbereich eine rare Eigenschaft wieder, der Mut kalkulierbare Risiken einzugehen und auch mal Fehler zu machen.

Ein neuer experimenteller Kreislaufansatz soll zudem das Abfallmanagement unterstützen. Derzeit befindet sich das Handpapier auf den Toiletten in der Abfallkategorie „Müll zur Beseitigung“. Zukünftig wird die Universität mit einem Anbieter zusammenarbeiten, der das angefallene Handtuchpapier zu 95 % recycelt. Bei 800 Toiletten befinden sich so ca. 8 Tonnen Papier pro Jahr in einem ständigen Kreislauf.

Die Schattenseite: Das Handtuchpapier muss sortenrein sortiert werden – und so wurden auf den 800 Toiletten auch extra Behälter für die Mülltrennung benötigt. Kostenpunkt: 80.000 €.

In Zusammenarbeit mit dem Anbieter wurde der Prozess weiter optimiert: Bereits vor Ort werden die gesammelten Papierhandtücher zu Ballen gepresst, was den Abtransport klimaschonender macht. Der Weg geht klar in Richtung „Kontrolle über den Abfall“. Eine zentrale Mülltrennung im Haus wird weitere Aufschlüsse über den entstehenden Abfall liefern. Einzelne Papierkörbe im Büro gibt es dann nicht mehr.

Clevere Anreizsysteme

In Bezug auf Energiesparmaßnahmen führte die Hochschule bereits ein Pilotprojekt durch: Zunächst einigte man sich mit einem Institut auf einen historisch gemittelten Jahresverbrauch. Sank der Verbrauch im Folgejahr, wurde das eingesparte Geld hälftig geteilt.

Auch das Einführen einer zentralen Kopierstation will als Anreiz verstanden werden: Drucken und Kopieren wird aufwändiger, wenn das Gerät nicht mehr neben dem eigenen Schreibtisch steht. Zwar lassen sich die Geräteeinstellungen noch individuell anpassen, sämtliche Dokumente werden jedoch per Standardeinstellung doppelseitig schwarz-weiß gedruckt.

Verschwendung soll also möglichst „unbequem“ gemacht werden.

Ausblick

Die Universität sucht proaktiv den Austausch mit anderen Hochschulen und tauscht sich auf verschiedenen Netzwerkveranstaltungen mit anderen aus. So treffen sich beispielsweise über 70 engagierte Hochschulen alle zwei Jahre zu einem mehrtägigen Seminar, um über Abfall und Abfallvermeidung zu diskutieren.

Eine gewisse Medienpräsenz unterstützt zudem die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule und macht attraktiv für eine neue, umweltbewusste Generation Studierender.

Auf die Frage hin, warum sich die Hochschule so umfangreich mit der Thematik befasst, ist die wegweisende Gegenfrage „Warum beschäftigen sich die anderen nicht damit?“.

Weitere Link-Tipps:

„Wir brauchen nicht eine Handvoll Leute, die Zero Waste perfekt machen. Wir brauchen Millionen von Menschen, die es unperfekt machen.“
Anne Marie Bonneau
Die Autor*in
Lukas Glöckner
Lukas Glöckner
Lukas ist Mediengestalter und Kommunikationsmanager B.A. Er kommt aus dem Bereich "CSR" eines Familienunternehmens und arbeitet nun bei "Lust auf besser leben". Er ist im Herzen ein stets kreativer und besonnener Hands-on-Teamplayer - und schreibt für sein Leben gern. Am liebsten über neue Innovationsthemen, die er sich selbst "drauffschaffen" muss.